Ein letztes Frühstück auf der schönen Dachterrasse unseres Havelis, noch einmal leckeren Obstsalat genießen, ein letzter Blick auf die zwei Palastinseln dort unten, und weiter ging es nach Ranakpur.
Sobald wir aus Udaipur raus waren, wurde es ländlicher, ärmer. Vereinzelt waren schwer bepackte Männer in weißen Turbanen und in einem weißen, zur Hose gewickelten Tuch, einem Dhoti, auf der Straße. Es wurde bergiger, kurviger, enger. Vorbei an Familien, die nur eine Decke oder Plane als Unterlegmatte zum Schlafen, zum Leben hatten. Um elf kamen wir an dem Jain-Tempel, dem wohl beeindruckendsten ganz Indiens vorbei. Er sollte erst mittags für Touristen öffnen. Inmitten dieser abgeschiedenen, hügeligen Waldlandschaft tauchte plötzlich ein Touristen-Resort auf, mit Swimming-Pool, Liegestühlen, Spa-Bereich – nur: kein WiFi. Mist! Ausgerechnet heute hatten wir uns zum Skypen nach Hause verabredet! Wir waren die ersten Gäste. Man freute sich über unsere Ankunft.
- Huch! Ist das Dieter?
- Allein zuhaus
- “Ajit!” – “Yes, Sir!”
Wir wollten zuerst das Sightseeing-Programm hinter uns bringen. Ajit fuhr uns zurück zum Jain-Tempel-Komplex aus dem 15. Jahrhundert. Es durften keine Schuhe, keine Ledersachen, kein Wasser, keine Bonbons mit hineingenommen werden – Taschen wurden durchsucht. Und Frauen, die gerade ihre Periode hatten, durften nicht hinein. Schwein gehabt! Aus dem Alter bin ich raus! Aber wie will man denn das bitteschön kontrollieren? Per Audio-Guide wurden uns die fünf Gebote des Jainismus erklärt: Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit, Nicht Stehlen, Keuschheit, Besitzlosigkeit. Gandhis Mutter gehörte dieser Glaubensrichtung an. Dann betraten wir dieses einzigartige Bauwerk ganz aus Marmor.
- Adinath-Tempel
- “Hereinspaziert! Aber…
- ….Laster bleiben draußen!”
Über fünfzig Jahre lang hatten 2500 Leute den Stein bearbeitet, 1444 Säulen mit filigransten Figurenornamenten versehen, und dann kamen die Moguln und haben zerstört und verwahrlosen lassen. Aber hier wurde inzwischen fleißig renoviert, geputzt, wieder aufgebaut.
Ziemlich am Anfang unseres Tempelrundgangs kamen wir zu einem Marmor-Elefanten, auf dem Marudevi reitet, die Mutter von Adinath, dem der Tempel geweiht ist. Sie hatte vor der Geburt ihres 14. Kindes einen Traum, dass dieser Sohn etwas ganz Besonderes werden würde. Recht hatte sie. Wenn man heute unter dem Elefanten hindurchkriecht, hätte man das Glück auf seiner Seite, hieß es. Na dann kann ja nichts mehr schiefgehen!