Das Hotel war okay, nur die erste Nacht mussten wir in einem Zimmer zur Straße hin schlafen. Es war so laut, dass wir es vorzogen, in ein anderes Zimmer umzuziehen. Heute war mein Geburtstag.
Ich hatte mir Ausruhen gewünscht. Den ganzen Tag Faulenzen, planloses Nichtstun, ein bisschen Blog-Schreiben…Dieter hat mir den Wunsch liebevoll erfüllt, und ich glaube, ihm tat die Ruhepause auch gut. Unser Hotel hatte einen schönen Garten, eine schnelle Internet-Verbindung, und da konnte ich die vielen, netten Glückwünsche aus der Heimat entspannt empfangen und beantworten. Wir wechselten das Zimmer – das neue war viel besser, es war ruhig und nach hinten raus gelegen. Wir schlenderten mittags um ein paar Ecken und Dieter führte mich in ein super originelles Café “Del Tiempo”, das wir schon bei unserem ersten Salta-Besuch gesehen hatten. Eine lange Bar mit unzähligen Weinflaschen, die sich auf einem Regal bis zur fünf Meter hohen Decke stapelten. Bunte Regenschirme an den hohen Deckenfenstern schützten vor zu starker Sonneneinstrahlung. Esstische wechselten sich mit Sofaecken ab. Man konnte sich ein Buch schnappen oder Zeitung lesen, es gab antike Schränke mit allerlei uralten, ausrangierten Haushaltsgegenständen, es war heimelig und gemütlich, wie der Name schon sagt, ein wenig “aus der Zeit”. Ein Salat, ein Capuchino und ein Cocktail am Mittag, das war heute drin.
Irgendwann sind wir für einen ausgiebigen Mittagsschlaf zurück zum Hotel. Gegen halb acht haben wir uns ein bisschen herausgeputzt und sind in die Vergnügungs-Touri-Meile von Salta gelaufen. Es war ein stinknormaler Donnerstag, in allen Musikkneipen, – es waren teilweise Riesensäle – wurden die Tische gedeckt, Stühle auf die Straße gestellt, es war um 20 Uhr gähnend leer, aber man erwartete scheinbar Hunderte von Gästen. Na dann! Wir reservierten vorsichtshalber in dem zweiten, kleineren “Del Tiempo”, das sich hier befand, einen Platz zu um 21 Uhr. Es sollte eine Band spielen – und ließen uns für einen O-Saft in einer Eckkneipe nieder. Wir hätten nicht reservieren müssen. Wir waren mit einem anderen Touripaar auch um neun noch die einzigen Gäste. Wir bestellten zur Feier des Tages: Bife natürlich, das können die Argentinier. Und eine Flasche Rotwein, den können die Argentinier auch. Gegen halb elf ließen sich die ersten Bandmitglieder blicken, stimmten ihre Instrumente und groovten sich ein bisschen ein – ich klatschte, es schien vielversprechenden R&B zu geben – sie bedankten sich, meinten in etwa “noch nicht” und verließen wieder das Lokal. Uns war klar, dass hier vor zwölf, eins nichts mit Live-Musik passieren würde. Schade!
Es hatten sich zwar inzwischen an die fünf, sechs weitere Gäste eingefunden, aber das erste Paar verabschiedete sich bereits, und ich hatte – trotz Mittagsschlafs – keine Lust noch zwei Stunden zu warten. Der Tagesrhythmus der Saltenser Musikszene war nicht meiner. Unglaublich! Als wir an den Riesensälen von Kneipen vorbeikamen, hatten die sich tatsächlich gefüllt, überall kamen Tänzer in Folklorekostümen von der Bühne direkt auf die Straße, und überall wollte man uns bei sich gern zum Essen haben: um halb zwölf! Die spinnen, die Argentinier! Ich ließ meinen wahrlich schönen Geburtstag mit dem Lesen des Tango-Romans “Drei Minuten mit der Wirklichkeit” glücklich und zufrieden ausklingen.