Von Puerto de Iguazú ( Argentinien) nach Foz do Iguaçu (Brasilien)

Gestern waren wir erst gegen zehn in unserer Pension. Zum Glück hatte unser Taxifahrer, Rosendo, trotz der großen Verspätung am Flughafen auf uns gewartet. Wir hatten die Gelegenheit am Schopf und gleich gefragt, ob er uns am nächsten Morgen zu den Wasserfällen bringen könnte und hinterher nach Brasilien. Er meinte, kein Problem. Pünktlich um acht stand er heute für uns bereit. Um halb neun gab es noch keine Schlangen vor den Kassen, wir kamen zügig in den Park. Dieter hatte sich wieder exzellent vorbereitet und wusste genau, dass wir eine Bahn nehmen mussten, um zum ersten Aussichtspunkt zu kommen. Wir kamen an einer ersten Infostelle vorbei, und es hieß, dass die erste Bahn voll sei und wir am besten zur zweiten Station gehen sollten, fünfzehn Minuten durch den Dschungel. Gern! Ein Spaziergang durch den Regenwald am Morgen, das war ja fast wie unser silent walk in Indien. Wunderbar! Kaum waren wir an der zweiten Station angelangt, fuhr die reichlich volle Bimmelbahn ein. Aber, welch ein Glück: sechs Japaner rückten zusammen und ließen uns bei sich sitzen. Wir saßen also im ersten Zug des Tages.

Toll! Wir würden zu den Ersten gehören, die an der Teufelsschlucht, dem “Salto Diablo”, sein würden. Das war ja mal wieder was! Gestern noch in Salta, im Andenland, heute im Dschungel und bei den beeindruckendsten Wasserfällen der Welt. Auf Gitterstegen ging es zu den Plattformen. Boh! War das unglaublich! Von allen Seiten rauschte, nein donnerte und stürzte eine schier unendliche, gewaltige Menge Wasser in die Tiefe, der Name Teufelsschlucht machte ihr alle Ehre, und seicht wurde man hoch oben nass gesprüht. Wir schossen ein Foto nach dem anderen, bis wir unsere Kameras vor dem Wasser schützen mussten.

Schnell wurde es voller, und wir traten den Rückweg an, zur Bahnstation. Und da sahen wir die ersten Nasenbären. Die liefen hier einfach so rum. Auf Schildern wurde allerdings davor gewarnt, dass sie – ähnlich wie Affen – uns schon auch mal eine Käsestulle klauen oder zubeißen könnten. Wir hatten keine Stullen, uns ließen sie in Ruhe. Wir gingen den oberen Weg entlang – es war gigantisch, mal von oben, mal von unten tauchten immer neue Wasserfälle auf, insgesamt sollen es 275 sein.

Mit dem Boot ganz nah heranzufahren, wie es viele Besucher taten, mussten wir nicht haben. Wir legten uns lieber auf einen Felsen, schauten in den Himmel und sahen den kreisenden Adlern – oder waren es doch Geier? – hoch über uns zu, sahen uns den potthässlichen Sheraton-Hotel-Bau mit Swimmingpool und Blick auf die Wasserfälle an, das einzige Hotel auf dieser Seite mitten im Nationalpark – eine Frau las gelangweilt ein Buch im Pool, anscheinend hatte sie zu wenig Zuschauer – der Zutritt war nur Hotelgästen gestattet. Zu Mittag kehrten wir in einem etwas billigen Imbissrestaurant ein, wo die Nasenbären in ihrer Vielzahl zur Plage wurden und immer weggescheucht wurden.

Um Punkt vier Uhr erwartete uns Rosendo mit seinem Taxi und all unserem Gepäck vorm Eingang, und ab ging es nach Brasilien. Ausreisestempel, Niemandsland über den Río Iguazú. In der Mitte hielt Rosendo an, meinte er sei jetzt in Brasilien und wir noch in Argentinien. Er zeigte uns die verrückten Bungeespringer, die auf der Suche nach dem ultimativen Kick, hier von der Brücke sprangen. Adiós, Argentina! Einreisestempel Brasilien. Olá Brasil! Olá, Foz do Iguaçu! Die Spannung stieg.

Würden wir Kimi im Hotel vorfinden? Drei, zwei, eins… Treffer! Jupp, da saß sie. Es hatte alles super mit ihren Flügen geklappt, und wir konnten sie glücklich in die Arme schließen. Ab jetzt würden wir zu dritt reisen. Als wir uns zum Abendessen aufmachten, kamen wir im Hotel an aufwendig gestylten, sehr schick gekleideten Menschen vorbei. Wir waren leger bis nachlässig angezogen, ich fühlte mich leicht underdressed, hier am Sonntag in Brasilien. Wir fuhren mit dem öffentlichen Nahverkehrsbus ins Zentrum von Foz Do Iguaçu, das waren mindestens 13 Kilometer für 80 Cent pro Person. Mein Gott, das sind vielleicht Raser, diese Busfahrer! Es gab wenig Sitzplätze, und man musste sich irgendwie festhalten. Schon aus dem Bus heraus konnten wir mehrere gut besuchte Lokale sehen. Wir stiegen aus und nahmen das erste, an dem wir vorbeikamen: mit einer Riesenleinwand, auf der Fußball lief und darunter viele weitere Bildschirme mit anderen Programmen, ohne Ton. Aus den Lautsprechern schallte englische Popmusik – Reizüberflutung totale.

Aber die vielen Menschen an den Tischen machten einen fröhlichen, ausgelassenen Eindruck, die Speisekarte war vielfältig, alle waren leger gekleidet, und unterhielten sich gut gelaunt. Wir taten es ihnen einfach gleich.