Toronto Tag 4

27.7.2017 Toronto Tag 4
Heute sind wir schon zu fünft beim Frühstück: Melina, John aus Schottland, der 1976 nach Neuseeland ausgewandert ist und seitdem dort lebt, Gino aus Winnipeg, das 2000 km nordwestlich von hier liegt, und wo es im Winter schon mal minus 30 Grad kalt wird, und Dieter und ich. Die beiden Männer haben Familie und Kinder im Alter von unseren Kindern, Melina ist noch jünger, und ich vermute, dass sie keine Kinder hat. John mit seinem schottisch-neuseeländischen Dialektgemisch ist schwer zu verstehen, bei den anderen geht’s besser. Es regnet draußen, feiner, warmer Nieselregen. Auf der Yonge St. morgendliche Geschäftigkeit, immer mal wieder Bettler oder Leute am Straßenrand, denen es nicht gut geht. Wir gehen ins Eaton Centre, ein überdachtes, fünfstöckiges Einkaufszentrum. Die Geschäfte machen gerade erst auf. Wie alles in Toronto, ist es riesig. Luxus und Essen ohne Ende im Angebot, viele, sehr viele Sport- und Outdoorläden, Apple und Microsoft, H&M und die üblichen Bekleidungsketten, die es auch bei uns gibt. Wir sind weiter zum Ripley Aquarium und stellen uns in die Schlange. Nach einer Weile macht uns ein Angestellter darauf aufmerksam, dass es noch eine Stunde dauert, bis wir am Schalter sind. Nö, dann nicht. Inzwischen hat es aufgehört zu regnen und ist wieder heiß, feuchtheiß. Wir bummeln zum Hafen und kaufen uns zwei Tickets für eine Ontariosee-Rundfahrt an den Inseln vorbei. Eine junge Touristenführerin mit angenehmer Animationsstimme bemüht sich redlich, unsere Aufmerksamkeit zu ergattern oder besser noch: Begeisterung hervorzulocken.

Sie macht ihren Job gut, nur das Publikum bleibt verhalten. Gegenüber auf dem Boot ist eine etwa 50-köpfige junge, indische Reisegruppe. Kein Vergleich, sie winken und johlen, da tobt das Leben. 14 Inseln liegen vor Toronto, es ist verboten, dort nur einen Zweitwohnsitz zu haben, entweder ganz oder gar nicht. Und es gibt eine Grundschule, die zu 85 Prozent von Kindern vom Festland besucht wird. Die Inseln sind alle durch Brücken miteinander verbunden. Der Wasserpegel ist immer noch einen Meter höher als vor dem großen Regen, Bänke und Stühle am Ufer stehen vereinzelt noch im Wasser. Der CN Tower gegenüber liegt heute in Wolken. Wie gut, dass wir schon gestern dort waren.
Um 17 Uhr nehmen wir an einer Führung durch zwei über 100 Jahre alte Theater teil, die sich übereinander im selben Gebäude in der Yonge St. befinden, ein Doppelstocktheater: das Elgin und das Wintergarden Theatre. Zwei ältere Herren erzählen mit Leidenschaft von der Geschichte dieser früheren Vaudeville- und Varietébühnen. Unten waren ursprünglich über 2000 Sitzplätze, oben rund 1400. Heute werden beide Stätten an renommierte Gruppen oder Performer vermietet und sind Austragungsorte des Toronto International Film Festivals. Nach dem Tod des US-amerikanischen Pioniers der Filmindustrie und Theatergründers, Marcus Loew, 1927, wurde das untere Theater zum Kino umgebaut, wo bis 1981 Filme gezeigt wurden.

Das obere Wintergarden Theatre musste bereits 1928 den Betrieb einstellen und stand über 50 Jahre lang leer. Es wurde zum Fenster hinaus geheizt und ein beliebter Aufenthaltsort für Vögel, Katzen und anderes Getier. Prunk und Glanz von einst verblassten, das Interieur gammelte vor sich hin. Es gab Streit, ob die Theater nicht lieber einem Parkhaus weichen sollten. Erst Anfang der 80er Jahre entschied man sich, die Prunkstücke zu sanieren. Es ist gelungen, und besonders beeindruckend ist das Wintergarden Theatre. Alles ist wie ein Dachgarten gestaltet, die Wände mit an Pergolas sich hochrankenden Pflanzen bemalt, Bäume stehen zwischen den Zuschauerreihen, Wein und Lampions hängen von der Decke und darüber meint man, ganz oben, den blauen Himmel zu sehen. Perfekte, filigran erzeugte Illusion, wunderschön anzuschauen. Es soll inzwischen das einzige Theater dieser Art auf der Welt sein.


Gut gelaunt gehen wir in eine Nebenstraße der Yonge St. im laut TripAdvisor fünftbesten Restaurant Torontos essen: eine Mozzarella-Sellerie-Vorspeise und einen bombastischen unter anderem mit Auberginen und Avocado belegten Burger.

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