Buenos Aires Tag 1

Unser Taxifahrer war sehr kommunikativ, zeigte uns beim Vorbeifahren gleich eines der vielen Fußballstadien von Buenos Aires, Kirchen und Einkaufszentren und meinte, heute, am Sonntag, sei immer die Casa Rosada, wo sich die Amtsräume der Präsidentin befinden, für die Öffentlichkeit zugänglich. Es gäbe sogar gratis Führungen. Wir wollten erst mal ankommen. Wir waren müde – im Flugzeug schläft sich nicht so gut –  und dann gleich eine Kommunikation auf Spanisch hinlegen – das wollten wir ja erst im Sprachkurs lernen. Es war erstaunlich leer auf den Straßen. Der Taxifahrer meinte, es sei halt Sonntag und außerdem Ferienzeit. Immerhin zweieinhalb Monate in Argentinien, seit Mitte Dezember. Es ist Sommer hier auf der Südhalbkugel, über dreißig Grad wärmer als noch gestern in Hamburg. Gegen zehn Uhr waren wir im Hotel, im Stadtteil San Telmo. Gegenüber gibt es ein Tangohaus. Wir haben uns erst einmal ausgeruht. Unser Zimmer ist in einem renovierten, zweigeschossigen Haus mit Dachterrasse, und es hat eine Klimaanlage. Die braucht man hier. Gegen 15 Uhr machten wir uns auf den ersten Streifzug durch Buenos Aires. Schon nach fünf Minuten Fußmarsch standen wir  auf der Plaza de Mayo, wo immer noch mit großen Transparenten und weißen Kreuzen der Verschwundenen der Militärdiktatur (1976-1983) gedacht wurde. Wurden sie gefoltert? Ermordet? Die Täter wurden nicht verfolgt, nicht bestraft, die Angehörigen der Opfer leiden bis heute unter der grausamen Ungewissheit über das Schicksal ihrer Liebsten. Und plötzlich standen wir vor der schon erwähnten Casa Rosada.

Es war Sonntag, Touristen strömten in das rosa Gebäude mit Balkon zur Plaza, wo schon Eva Perón sich einst hatte bejubeln lassen – also nutzten wir die Chance, obwohl wir gedanklich noch fast in Hamburg waren, oder zumindest im Flugzeug, jedenfalls noch nicht richtig hier. Auch daran wird es wohl gelegen haben, dass uns dieser Palast nicht wirklich beeindrucken konnte, vielleicht auch an den sich unweigerlich einstellenden Vergleichen mit den Prachtbauten, die wir in Indien gesehen hatten. Es gab eine Galerie von argentinischen Idolen der Moderne, der Tangokönig Carlos Gardel, Messi und die argentinische Fußballmannschaft waren dabei – nicht schlecht! Ein Erinnerungszimmer für Frau Perón, darin ein hübsches, rot-weiß-gepunktetes Kleid, das sie bestimmt bestens gekleidet hatte –  na ja! – und einen goldenen Saal, das Prunkstück des Hauses. Der Spanisch und Englisch sprechende Guide schien seine Erklärungen gut auswendig gelernt zu haben, er sprach so aufgeregt und schnell, dass man ihm nur mit größter Anstrengung folgen konnte. Von den mit rotem Samt bedeckten Zuschauerstufen wäre ich daher  vor Müdigkeit fast heruntergekippt. Aber sich aus der Gratisführung einfach davonzustehlen, war nicht möglich. Bei unserem Fluchtversuch wurden wir freundlichst zurückgeholt und gebeten, uns doch wieder einzureihen, da hinter uns schon die nächste Gruppe käme.

Endlich wieder draußen an den buenos aires, liefen wir noch durch ein Bankenviertel bis zu dem Haus, wo am nächsten Tag unser Spanischunterricht stattfinden sollte. Wenn das man richtig war! Kein Schild deutete daraufhin, dass sich hier eine Sprachschule befinden könnte. Aber auch bei unserem Hotel stand außen kein Name, und ohne Taxifahrer hätten wir es nie gefunden. Wir schlenderten zurück, über die Plaza de Mayo und in die Defensa hinein, eine kilometerlange Flohmarktstraße. Immer sonntags, wohlgemerkt! Dort haben wir einen ersten Chorizo-Hamburger gegessen – eigentlich wollten wir etwas mit Salat, die Bestellung auf Spanisch hatte noch nicht geklappt – und einen frischgepressten Saft getrunken, – bevor ich reagieren konnte, hatte die eifrige Verkäuferin schon einen Esslöffel Zucker hineingeschaufelt. Miste! Und Dieters Bier hieß hier nicht mehr Everest sondern Isenbeck. Viele Straßenkünstler gab es zu sehen, Live-Musik an jeder Kreuzung. Und dann natürlich auch die erste Tango-Kombo: ein Pianist, zwei Bandoneonspieler, ein Cellist, drei Violinisten. Eine Musik, so schräg, so schrumpelig, so schön wie nur der Tango auf Buenos Aires’ Straßen sein kann. Das waren Könner, die beherrschten ihre Instrumente, echt toll! Wir haben ihnen gleich eine CD für 50 Pesos ( etwa fünf Euro) abgekauft.

Auf dem Rückweg haben wir noch in einem der unzähligen Straßencafés einen Pfannkuchen mit Ziegenkäse gegessen, und dann ab ins Bett. Morgen sollten wir um 8:00 Uhr beim Einstufungstest in der Sprachschule sein. Buenas noche para hoy.