Buenos Aires Tag 2

Zum Glück waren wir den Weg zur Sprachschule gestern schon abgelaufen. Wir würden ungefähr eine halbe Stunde brauchen. Um sieben waren wir die ersten im “Querandi”, der Tangobar gegenüber, wo wir überraschender Weise unser Frühstück einnehmen sollten. Absolut hervorragendes Büffet, alles, was das Herz begehrte.

Dann auf zur Schule, vorbei an der Reiterstatue “La Boca”, an der Kathedrale, an der Plaza de Mayo und der Casa Rosada – heute war alles abgesperrt – durch das Bankenviertel der Avenida de Mayo. Der 25. Mai ist Argentiniens Nationalfeiertag. 1810 hat sich das Land für unabhängig von der spanischen Krone erklärt. Wir reihten uns ein in die vielen Berufstätigen, die trotz Sommerferien zur Arbeit strömten und fielen hier – anders als in Indien – als Touristen nicht weiter auf.

Meine Güte laufen hier viele Menschen mit Knöpfen im Ohr rum! Und viele Frauen in High Heels oder mit Plateausohlen! Die Schule befand sich tatsächlich im vierten Stock des Gebäudes, das wir gestern schon angeschaut hatten. Und: Wir waren nicht die einzigen. Mindestens 30 andere Spanischschüler hatten sich eingefunden: Christian, ein Deutscher, mehrere Schweizer, darunter André, ein rüstiges Rentnerehepaar aus Kanada – Jeff war Journalist, Diana Graphikerin – , Rafael, ein Franzose, Megan, eine kalifornische Krankenschwester, Margrete, eine schottische Ärztin,  ein Holländer, der wie der junge Elvis aussah, Brasilianer, Engländer, Rumänen, Belgier, eine Keniarin.. . Um Punkt acht wurden wir begrüßt und aufgefordert, zum Einstufungstest in einen Klassenraum zu gehen. Eine gute halbe Stunde brüteten wir über einem spanischen Lückentest – Dieter und mir fielen die Zeiten der unregelmäßigen Verben einfach nicht mehr ein. Verstehen konnten wir allerdings eine ganze Menge. Während der Korrektur wurden wir mit Kennlernspielchen bei Laune gehalten und mit dem Wochenplan vertraut gemacht. Alles sehr professionell! Dieter und ich kamen in verschiedene Gruppen. Und dann ging’s los. Spanischunterricht unterbrochen von drei Päuschen, bis 13:00 Uhr. Danach schwirrte uns der Kopf. Wir hatten Hunger. Setzten uns ins erstbeste Lokal zu einem Mittagstisch. Ich: etwas fade Bandnudeln mit noch faderen Meeresfrüchten, Dieter: Rinderlenden. Danach Mittagsschlaf im Hotel. Kollegin Viola ist seit Januar in Argentinien unterwegs und zufällig mit ihrem Freund Nils jetzt in Buenos Aires. Wir haben uns abends zum Essen verabredet, im “Las Nazarenas”. Total verrückt, die beiden hier in Argentiniens Hauptstadt zu treffen, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. Wir haben ordentlich reingehauen: Argentinisches Steak satt, dazu einen Salat und Rotwein.

Ja, wir haben es uns richtig gut gehen lassen. Si claro, wir sind im Urlaub! War ein netter Abend, an dem wir uns unsere Reiseabenteuer von Feuerland bis Indien erzählt haben. Wir sind trotz Regens – es hatte angefangen wie aus Kübeln zu schütten – zu Fuß nach Hause gegangen, etwa eine halbe Stunde, immer die Avenida Florida entlang. Die Geschäfte hatten inzwischen alle zu, viel Sicherheitspersonal und Polizei war zugegen, es war alles hell erleuchtet. Wir fühlten uns sicher. Auch hier – wie in Indien – schlafen viele Obdachlose in den Häusereingängen. Trotz des zur Schau gestellten Reichtums anhand gepflegter Prachtbauten aus der Kolonialzeit, Einkaufspassagen mit einem unglaublichen Konsumangebot, einer funktionierenden Müllabfuhr und scheinbar europäischen Lebensstandards, gibt es viele Arme, für die offensichtlich nicht genügend getan wird. Vom argentinischen Wein berauscht fielen wir schließlich gegen eins in unsere Betten. Ein Glück, dass wir morgen erst um 9:00 Uhr in der Schule sein müssen.

 

 

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <strike> <strong>