Von São Paulo nach Río de Janeiro Tag 1

Wir hatten ein letztes, vegetarisches Frühstück in unserem gemütlichen Hostel, dann beluden wir unseren eleganten Chevrolet, und los ging es durch die morgendliche Rushhour von São Paulo zur Autorückgabestation. Zum Glück war unsere Pension nicht weit davon und vom Flughafen entfernt, nur etwa 15 Kilometer. Dennoch brauchten wir über eine halbe Stunde. Es klappte wieder hervorragend. Einer von der Autovermietung fuhr uns zum Flughafen und gegen 11:40 Uhr starteten wir nach Río. Schon beim Anflug auf den Santos Dumas Flughafen konnten wir den Zuckerhut und den Cristo sehen. Es war äußerst schwül und heiß in Río. Ein Taxifahrer stand für uns bereit und fuhr uns in unsere Bed&Breakfast-Pension. Das Taxi schraubte sich durch verwinkelte Gassen mit Kopfsteinpflaster mühsam die Serpentinen hoch, wir hatten schnell jegliche Orientierung verloren. Chiara begrüßte uns an der Rezeption und zeigte uns unser gemütliches, kleines Dreibettzimmer – über dem Doppelbett war ein Hochbett für Kimi. Alles war ausreichend, und wir konnten unser Gepäck gut unterbringen. Chiara meinte, dass wir abends allerdings immer ein Taxi nehmen sollten, da die Gegend hier oben dunkel und nicht so sicher sei. Über uns war eine super Dachterrasse mit genialem Ausblick über die Guanabara- Bucht, die Skyline von Río und unseren Ankunftsflughafen. Alles bestens. Wir machten uns frisch, und auf ging es auf Erkundungstour unserer Umgebung. Nach nur fünf Minuten Fußweg, rauf und runter, kamen wir an eine Treppe, die von oben nicht weiter besonders aussah. Aber auf der nächsten Etage schon standen ein paar Touris, die eifrig dabei waren, Fotos zu machen, und die ganz begeistert aussahen. Wir stiegen ein paar Stufen hinunter, und da sahen wir es auch: Wir standen mitten in einem Kunstwerk, das sogar als weltweit größte bildhauerische Arbeit aus der Hand eines einzelnen Künstlers gilt, wir standen auf der berühmten Fliesentreppe von Jorge Selarón. Und die war in der Tat viele Fotos wert.

Wir konnten uns gar nicht satt sehen an den bunten Fliesen – es sollen über 2000 sein – wir entdeckten Hamburg, Berlin mehrfach, Quickborn – und plötzlich waren auch die Seitenwände gefliest. Man konnte darauf beliebig herumklettern, posieren und immer wieder staunen. Wir schlenderten weiter durch die Straßen, es ging wieder aufwärts, um Kurven herum, wir kamen durch eine Gegend, wo keine Touristen mehr unterwegs waren. Ein Bewaffneter stand mit einem Maschinengewehr an einer Ecke, er schien sich aber nicht über uns zu wundern. Links unten sahen wir eine Fawela, okay. Wir stiefelten weiter und kamen an einem wunderschönen Restaurant mit Aussicht vorbei. Obwohl heute Marlenes Geburtstag war, war es uns dort zu teuer, ohne sie zu feiern, und wir wanderten den Berg wieder hinunter. Es war schwierig, ein weiteres im Reiseführer empfohlenes Lokal zu finden. Nach einem zweistündigen Fußmarsch hatten wir es endlich geschafft. Wir ließen uns in einer netten Pizzeria nieder, wo mehrere brasilianische Familien sich zum Abendessen eingefunden hatten und verspeisten riesige, für eine Person viel zu große Pizzen, so gut wir halt konnten. Es hatte inzwischen angefangen zu regnen, wir saßen im Trockenen. Gelaufen waren wir für heute genug. Wir wollten ein Taxi zurück nehmen. Zwei Taxis wollten uns nicht fahren, nachdem wir den Fahrern die Adresse vor die Nase gehalten hatten. Sowas! Wir wussten nicht, warum. Beim dritten Versuch klappte es zum Glück und Dieter stellte zur Kontrolle sein Navi ein. Auf unserer schönen Dachterrasse ließen wir den Tag ausklingen.

São Paulo Tag 3

Wir haben uns in die Altstadt aufgemacht.

Wir stiegen an der Station Republica aus und gelangten zu einem auffallend verschnörkelten Gebäude, dem neoklassizistischen Theatro Municipal de São Paulo, das, inspiriert von der Mailänder Skala, von zwei italienischen Architekten konstruiert wurde, allerdings gerade mal 104 Jahre alt war. Eine Frau an der Kasse meinte, dass in einer halben Stunde eine Führung stattfinden würde, an der wir teilnehmen könnten. Okay, das sollte wohl sein. Unsere Englisch sprechende Führerin erzählte, dass in dem Haus Opern-, Ballett- und Konzertaufführungen stattfänden, allerdings keine Theaterdarbietungen. Zum hundertjährigen Jubiläum wurde das Haus für drei Jahre geschlossen und alle Stühle mit rotem Samt bepolstert. Am heutigen Abend sollte Othello Premiere haben. Leider haben wir keine Probe mitbekommen.

Danach mussten wir zur Metro-Station Liberdage, wo wir uns mit Rodrigo verabredet hatten. Er führte uns in ein chinesisches Restaurant, in dem es leckeres, absolut frisch zubereitetes Essen gab, und danach zeigte er uns das japanische Viertel. Witzig: Sogar die Fußgängerampeln hatten hier japanische Schriftzeichen statt Ampelmännchen! Die Straßenlaternen waren rote Lampions, und in den Geschäften gab es jeden erdenklichen japanischen Kitsch zu kaufen.

Rodrigo führte uns noch durch die Altstadt, wir sahen viele Obdachlose, es stank an jeder Ecke nach Urin, Autos fuhren oben und unten, viele billige Imbissbuden waren am Weg. Wir liefen durch die Markthallen von São Paulo. Es wurde Fisch, Obst, Gemüse angeboten, alles, was das Herz begehrt. Rodrigo kaufte uns ein Getränk, Açaí, genannt, ein Mischgetränk aus Açaí-Beeren und Guaraná mit Zucker und Eis. Schmeckte sehr erfrischend.

Dann trennten wir uns, wir gingen zu unserer Pension zurück und Rodrigo in seine Studentenbude. Ich hatte mir einen Termin bei einem Friseur besorgt, wollte meine Haare ein wenig kürzen lassen. Hat auch – anders als in Indien – sehr gut geklappt. Wir machten eine Nachmittagssiesta in unserem brasilianischen Zen-Hostel. Für abends hatte Dieter sich ein uriges Fischrestaurant aus dem Reiseführelr ausgeguckt. Wir trafen uns wieder mit Rodrigo, aßen zwei leckere Fischeintopfgerichte und tranken vom teuersten Wein.


Es war unser letzter Abend in São Paulo. Morgen würde es nach Río gehen.

São Paulo Tag 2

Wir sind Metrô gefahren, mit der Linha 2 von Vila Madalena nach Trianon-Masp, zum Museu de Arte de São Paulo. Um 10 Uhr morgens gab es kein Gedrängel, es war angenehm und komfortabel. Das Museum beherbergt manch großes Kunstwerk aus der Pariser Kunstszene vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. In Erinnerung geblieben ist mir das “Porträt der Prinzessin Bibesco” von Edouard Vuillard aus dem Jahr 1920. Es zeigt eine Frau in einem großen Raum, völlig unscheinbar inmitten von tausend Statussymbolen. Sie wird definiert durch Dinge, die sie umgeben und nicht durch sich selbst. Ganz schön aktuell! Dagegen Picassos Porträt von “Suzanne Bloch”: ein ausdrucksstarkes Frauengesicht. Hier wurde eine Frau als Individuum porträtiert, das auf einen Charakter mit Ecken und Kanten schließen lässt. Nach dem Museumsbesuch sind wir die berühmte Avenida Paulista entlang geschlendert. Das war das totale Kontrastprogramm zu dem Naturschauspiel der Wasserfälle von Iguaçu. Ein Hochhaus neben dem nächsten, moderne Glaspaläste neben Kolonialbauten, dann wieder Parkgaragen – irgendwo müssen die vielen Autos ja hin, die jeden Tag zur Rushhour São Paulos Straßen verstopfen – dann wieder dazwischen kleinere Gebäude, hübsch verschnörkelt, ob die wohl unter Denkmalschutz stehen?

Beim Kulturzentrum machten wir eine Kaffeepause mit Orangensaft. Dann trafen wir Rodrigo an unserer Metrô-Haltestelle, holten unser Auto und los ging es nach Americana. Sein Vater, von Beruf Rechtsanwalt, und seine Großeltern wohnen dort und hatten uns eingeladen. Zweieinhalb Stunden waren wir unterwegs, zuerst aus dem Zentrum von São Paulo raus – ging hervorragend dank Dieters Navi und seiner Fahrkünste. Nur einmal hatte er sich verfahren und machte einen verbotenen U-Turn. Das hatten zwei Polizisten auf Motorrädern gesehen. Im Nu heulten ihre Sirenen auf, und wir mussten am Straßenrand anhalten. Der Eine zog doch glatt sofort seine Pistole – wir hatten völlig vergessen, dass er uns durch die getönten Scheiben nicht sehen konnte. Dieter kurbelte sein Fenster runter und meinte, dass er ihn nicht verstehen könne. Kimi drehte hinten ihre Scheibe runter, versuchte es mit Spanisch – zum Glück sagte Rodrigo kein Wort! Dem Polizisten wurde es zu lästig, uns zu erklären, dass Dieter den U-Turn nicht hätte machen dürfen, und er zog es schließlich vor, uns einfach weiterfahren zu lassen. Puh! Das war knapp! Weiter ging es, vorbei an Slums, dann auf Maut-Autobahnen. Americana hat etwa 200.000 Einwohner, dort ist Rodrigo aufgewachsen. Für ihn ist das eine Kleinstadt. Gegen 16 Uhr kamen wir an. Die ganze Familie erwartete uns schon: Rodrigos Großeltern, die leider kein Englisch sprachen, sein Vater, Marcos, seine zwei Jahre ältere Schwester, Patricia, und deren Studienfreundin Julia, beide Psychologie-Studentinnen.

Rodrigos Oma ist nicht nur eine talentierte Malerin – sie führte mich gleich nach unserer Ankunft durch ihr großes Haus, das in allen Zimmern mit ihren Werken – farbenfrohe Blumenbilder – geschmückt war, sondern sie ist auch eine hervorragende Köchin.

Sie hatte eine Gorgonzola- und eine Auberginencreme vom Feinsten vorbereitet – wir konnten gar nicht aufhören, davon zu essen. Da Rodrigos Mutter, als er zwei Jahre alt war, bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war, waren seine Großeltern immer zentrale Bezugspersonen für ihn, und auch Marcos hat die Unterstützung seiner Eltern bei der Erziehung seiner Kinder gut gebrauchen können. Nach der Vorspeise wurde gegrillt und geklönt und gelacht, es kam schnell eine super Stimmung auf. Dann kamen auch noch Marcos’ Bruder Robert, mit seiner Frau Patricia und den beiden Töchtern Bianca (16) und Julia (12) und Patricias Freundin Carolina. Rodrigo mixte Kimi und mir den besten Caipirinha, den ich je getrunken hatte – nur der arme Dieter durfte heute keinen Alkohol trinken. Er hat es ohne Murren durchgestanden. Alle fanden es schon sehr ungewöhnlich, mitten in der Woche ein solch umfangreiches Barbecue zu veranstalten, das macht man in Brasilien eigentlich nur am Wochenende. Die Zeit flog nur so dahin. Gegen 21:00 Uhr hieß es dann schon wieder Abschied nehmen – Rodrigo musste ja am nächsten Tag zur Uni – und am Sonntag würde er eine schwere Juraprüfung zu bestehen haben.

Wir machten uns auf die lange Heimfahrt. Meine Güte, waren jetzt viele LKWs auf São Paulos Stadtautobahn unterwegs! Rodrigo meinte, dass die nur abends fahren dürften. Dieter hat sich wacker an ihnen vorbei geschlängelt, immer rechtzeitig die Spuren wechselnd. Bravo! Total müde plumpsten wir um Mitternacht in unsere Betten.

Von Foz do Iguaçu nach São Paulo Tag 1

Alles klappte prima. Wir hatten sogar noch Zeit, ein wenig im Hotel zu verweilen. Dann kam das Taxi und brachte uns zum Flughafen. Unser Flug war wie geplant angekündigt, wir checkten ein und wollten es uns gerade in der Wartehalle gemütlich machen, als Dieter anfing, sein Smartphone zu vermissen. Als alle Rucksacktaschen durchsucht, und alle Wege zurückverfolgt waren, gab er auf. Es war weg. Er redete sich schon ein, dass das ja gar nicht so schlimm sei. Kimi und ich wollten so schnell nicht aufgeben. Wir hatten noch etwa eine Stunde Zeit, bevor das Boarding losgehen sollte. Wir mussten irgendwie das Hotel kontaktieren. Ich guckte mir einen seriösen Herrn aus, dem ich Englischkenntnisse zutraute, und fragte, ob ich von seinem Handy mal telefonieren könnte. Treffer! Er rief sogar für mich an, sodass ich gleich eine Englisch sprechende Frau von der Rezeption am Hörer hatte. Nein, es war kein Smartphone gefunden worden. Sie erinnerte sich allerdings an uns, und ich bat sie, bei dem Taxifahrer, der uns zum Flughafen gefahren hatte, nachzufragen, ob er etwas gefunden hätte. Sie war dazu bereit und meinte, ich sollte mich in zehn Minuten noch einmal melden. Schnell erklärte ich meinem Gentleman die Lage, und er meinte “no problem”. Ich ging zu Dieter und Kimi zurück. Da kam der Aufruf zu dem Flug vor uns. Ja, mein Kavalier musste den Flug nehmen. Ich rief also schon fünf Minuten später wieder beim Hotel an. Ja, der Taxifahrer hatte Dieters Handy gefunden. Mein Gentleman wedelte mit den Armen, er müsse jetzt einsteigen. Die Frau am Telefon meinte, ob wir zum Hotel kommen könnten, um das Handy abzuholen. Nein, das war nicht mehr möglich. Ich fragte, ob sie den Taxifahrer nicht zum Flughafen schicken könnte. Klar würden wir das bezahlen. Sie verstand plötzlich kein Englisch mehr. Mein Kavalier musste los. Ich gab ihm sein Handy, er sprach mit der Frau von der Rezeption noch einmal Portugiesisch und meinte, der Taxifahrer würde zum Flughafen kommen. Dieter stand inzwischen bei uns. Er wollte versuchen, zurück zum Ausgang zu gelangen und rannte nur mit seinem Pass und etwas Geld ausgestattet los. Mein brasilianischer Gentleman rannte zu seinem Flugzeug, er war inzwischen zum allerletzten Mal aufgerufen worden, ich konnte ihm gerade noch ein seliges “obrigada” hinterherrufen und ließ mich in dem Gefühl, das ultimativ Mögliche versucht zu haben, erschöpft neben Kimi in den Stuhl fallen. Was gibt es doch für hilfsbereite Mitmenschen: der Brasilianer, die herzlich bemühte Hotelangestellte, und der Taxifahrer? Nach einer gefühlten Ewigkeit von zwanzig Minuten kam die Durchsage, dass unser Flug etwa zehn Minuten Verspätung haben würde. Super! Da kam Dieter. Den Daumen hoch, lächelnd! Es hatte geklappt! Juchhu! Er hatte sein Smartphone wieder! Wir hatten das für uns so wichtige Off-Line-Navi von Brasilien wieder! Jippie! Ein tausendfaches Dankeschön an alle Helfer, auch wenn sie es nicht mehr hören können! Gegen halb vier landeten wir in São Paulo, der fünftgrößten Metropole der Welt. Eine Frau von der Flughafeninfo rief unsere Autovermietung an, und zehn Minuten später wurden wir von zwei Herren zur Mietstation gefahren. Wir bekamen einen äußerst schicken, blitzeblanken, noch sehr neuen Chevrolet, der zu allem Überfluss auch noch getönte Scheiben hatte. Kimi setzte sich nach vorn, meine Nerven waren heute genug strapaziert worden, und ich bin noch nie eine gute Beifahrerin gewesen, besonders dann nicht, wenn Dieter in einer fremden Stadt, in einem ihm nicht vertrauten Auto fahren muss. Die beiden machten das hervorragend und gegen 17 Uhr kamen wir wohlbehalten in unserer schnuckeligen Großstadtpension – einer kleinen buddhistisch angehauchten Oase im Stadtteil Vila Madalena an und fanden sogar einen Parkplatz direkt vor der Tür. Für den Abend gingen Dieter und ich einerseits und Kimi andererseits getrennte Wege. Kimi wollte sich mit Rodrigo treffen, ihrem brasilianischen CISV-Freund, und wir machten uns auf in São Paulos angesagtestes Fußball-Restaurant. War nur eine Dreiviertelstunde Stunde zu Fuß von unserem Hotel entfernt. Meine Güte, São Paulo ist ganz schön hügelig. Es ging auf und ab auf schräg abfallenden Fußwegen, die mit etwas Absätzen unter den Sandalen gar nicht so einfach zu laufen waren. In der Kneipe war ein Fußballbild neben dem anderen an der Wand. Als ich zur Decke schaute, die mit den verschiedensten Fußballschals aller möglichen Clubs dieser Welt behängt war, ja was sah ich denn da: Den braunen FC St. Pauli-Schal vom Millerntor!

Das fand ich überraschend! Ist es natürlich nicht, wenn man ein bisschen nachdenkt. Echte Fans werden diesem Lokal natürlich gern ihre Insignien zur Verfügung stellen. Als wir dem Kellner erzählten, dass wir aus der Stadt dieses Clubs kämen, stellte er sich als Francesco vor und schien sich zu freuen, Gäste aus dem Weltmeisterland bedienen zu können, das Fiasko für die Heimatmannschaft schien verarbeitet zu sein. Es war mal wieder ein aufregender, ereignisreicher Tag. São Paulo gefiel uns auf Anhieb.

Foz do Iguaçu Tag 2

Von unserem Hotel zu den Wasserfällen auf der brasilianischen Seite war es nicht weit. Wir nahmen wieder den preisgünstigen öffentlichen Bus – es befanden sich mehrere schlafende Schulkinder darin – und nach 15 Minuten waren wir am Eingang des Nationalparks. Um viertel nach acht morgens waren wir die ersten. Die Kasse wurde erst um neun aufgemacht. Aber dann: saßen wir oben im Doppeldeckerbus, vorn, und los ging es durch den Dschungel zu optimalen Wasserfall-Aussichtspunkten. Anders als auf der argentinischen Seite gab es hier keine Gitterstege, auf denen man einzig laufen konnte, sondern richtige Wanderwege. Und dann kamen die ersten Plattformen. Das war einfach überwältigend! Die Sonne stand zwischen Ost-Nord und schien auf die Wasserfälle, dass sich die schönsten Regenbögen bildeten. Der Anblick war noch atemberaubender als von drüben, von der argentinischen Seite.

Und Brasilien hatte sich eindeutig mehr Angenehmlichkeiten für seine Nationalparkgäste einfallen lassen: es gab viel mehr Bänke zum Ausruhen und Genießen und Restaurants mit Blick auf den Fluss. Wir fuhren in einem Fahrstuhl noch drei Etagen höher und hatten einen traumhaften Überblick über die Cataratas bei herrlichem Sonnenwetter. Wieder gab es zahlreiche Nasenbären. Aber noch imposanter waren die vielen Schmetterlinge in den schönsten Farben und Mustern, die sich besonders gern auf Dieters Arm niederließen. Dieter ist hier zum Schmetterlingsfan geworden.

Auch auf dieser Seite gibt es ein Hotel mitten im Nationalpark. Es bietet zwar nicht eine ganz so spektakuläre Aussicht auf die Wasserfälle wie das Sheraton drüben, aber dafür hat man sich beim Bau des Hauses 1958 sehr viel mehr Mühe gegeben: es wurde im Stil der Kolonialzeit gebaut und eingerichtet. Und das Beste: jeder durfte rein und war willkommen, wurde genauso behandelt, wie die geldschweren Hausgäste, wenn es sie denn gab. Wir ließen uns am schön angelegten Pool nieder, aßen etwas zu Mittag, und – ich fühle förmlich den Neid unserer Leser – alle zehn Minuten kam ein Kellner vorbei, brachte uns ein eisgekühltes Erfrischungstuch, ein Früchtestäbchen oder einen Minicocktail … umsonst. Wir konnten es nicht glauben. Wir blieben mindestens zwei Stunden, ließen unsere Füße in den Pool baumeln – hätten wir doch Badesachen eingepackt! – und uns verwöhnen.

Wir ließen es uns so gut gehen, dass wir zu einer neun Kilometer langen Dschungelwanderung, die wir anvisiert hatten, zu spät kamen. Ärgerlich! Wir machten stattdessen einen kleineren, zwei Kilometer langen Spaziergang – auch hier nur mit Führer – zum Fluss. Wir setzten uns auf den Ponton im Río Iguaçu, erfreuten uns noch einmal an den zahlreichen Schmetterlingen, die wieder hauptsächlich zu Dieter flogen – Bienen bevorzugten mich – bis es mir zu viel wurde, und hinten rauschte das Wasser die Felsen hinab.


Zwei deutsche Studentinnen aus Hamburg waren inzwischen auch zu diesem lauschigen Plätzchen gebracht worden. Sowas! Sie waren die einzigen Deutschen, die wir bisher auf unserer Reise getroffen hatten. Gegen 18 Uhr traten wir mit ihnen gemeinsam den wieder von einem Guide begleiteten Rückweg an. Unser Dschungelführer hatte es eilig. Er wollte um 19 Uhr im College sein, zu seinem Psychologie-Seminar. Er staunte nicht schlecht, als er hörte, dass Kimi gerade ihre Masterarbeit abgegeben hatte. Abends machten wir uns zum zweiten Mal auf nach Foz do Iguaçu. Dieter hatte im Reiseführer ein urgemütliches, originelles italienisches Lokal entdeckt, wo wir uns Pizza und Pasta schmecken ließen.

Ein wunderbarer Urlaubstag ging zuende.