Toronto Tag 5

28.7.2017 Toronto Tag 5
Heute geht es zu den Niagara-Fällen.

2017-07-28_kanada

Nach Weinprobe

Um 8:15 Uhr hält ein kleiner Bus direkt vor unserer Pension. Fahrer ist ein Mister Scott, dem eine fette Wampe über die Hose hängt. Nachdem etwa 20 Touris eingesammelt sind, fordert Scott alle energisch auf, zu sagen, aus welchem Land sie kommen. Sein militärisch distanzloser Ton behagt mir gar nicht. Dennoch, alle beugen sich dem Befehl dieses Guides und antworten brav. Immerhin wissen wir nun, dass wir Mexikaner, Franzosen, eine iranische Familie, Kanadier, US-Amerikaner und Italiener dabei haben, wir sind die einzigen Deutschen. Scott redet die ganze Zeit, er erzählt, er lacht, ab und zu singt er auch – seine Stimme ist nicht schlecht, das muss ich ihm lassen. Wir fahren durchs Gayviertel.Überall ist der bunte Regenbogen zu sehen, sogar an den Bushaltestellen. Scott versucht unsere Begeisterung für ein Gewinnspiel zu wecken. Er werde im Laufe der Fahrt drei Fragen stellen. Wer sie richtig beantwortet, werde bei der Weinprobe, die zum Programm gehört, einen von ihm persönlich spendierten Preis bekommen. Wahnsinn! Ich versuche angestrengt, nicht nur negativ über diesen Menschen zu denken. Er macht hier seinen Job, so what? An der Windschutzscheibe hängt ein Schild, dass die Guides sich sehr über ein Trinkgeld freuen würden, nein, stimmt gar nicht, da steht, dass es üblich ist, 10-15 Prozent dem Fahrer zu geben, damit sie gut über die Runden kommen. Können die nicht gleich ordentlich bezahlt werden? Die Weinprobe wird in einer halben Stunde durchgezogen. Zwei junge Frauen sagen geschäftstüchtig ihre Sprüche auf, es wird ein weißer Riesling und ein roter Cabernet/Merlot angeboten. Der rote schmeckt, wir nehmen eine Flasche für abends mit. Nächster Stopp ist in Niagara-on-the-Lake. Scott kündigt verheißungsvoll die absolute Attraktion dieses Städtchens an: ein Geschäft namens “Just Christmas”. Wow!

Wir halten vor einem der drei Theater. Schauspielkunst scheint hier äußerst beliebt zu sein. Besonders beim Shaw-Festival soll es bis zu acht Vorstellungen am Tag in jedem Theater geben und alle sollen immer gut besucht sein, meint Scott. Wir haben eine dreiviertel Stunde Aufenthalt in diesem sagenhaften Ort. Alles wirkt künstlich, übertrieben, von den geschnittenen Rasenkanten und sauberen Bürgersteigen, über die Superlative, mit denen das Eis angepriesen wird – es soll das beste Kanadas sein – wir haben es probiert, es ist vor allem teuer, bis zum “Just Christmas”- Highlight, auf so was haben wir ja schon lange gewartet! Manno, wir wollen doch nur zu den Wasserfällen! Nächster Stopp: bei einer Seilbahn, in der man über den Fluss schweben kann. Wegen einer besonders guten Aussicht? Keine Ahnung. Die Menschen stehen jedenfalls Schlange. Nächster Stopp: Bei den Hubschraubern. Wer möchte kann einen Helikopterflug zu den Fällen dazubuchen,  nur 120 CAD. Drei Leute steigen aus. Nächste Station: Unter einer Brücke. Wir lernen alle die drei Wörter “under the bridge” auswendig, weil wir uns hier um pünktlich viertel nach vier zur Rückfahrt treffen sollen. Dann endlich: Aussteigen. Wir bekommen Tickets für die Boote in die Hand gedrückt, wir können los. Jippie, Niagarafälle, wir kommen! Schnell in die Schlange für die Fahrstühle gestellt, nach unten transportiert, mit Tausenden von Menschen aller Nationen sich langsam und freudig Richtung Boot bewegt, ein rotes “Hornblower”-Cape aus Plastik übergeworfen, wir betreten das Boot. Und da sind sie, die amerikanischen Niagarafälle. Aus etwa 50 Metern Höhe stürzen sich Abertausende von Kubikmetern Wasser nach unten. Gigantisch. Umwerfend. Am Land auf der amerikanischen Seite wimmelt es von Menschen mit blauen und gelben Capes. In einem sicher genau ausgetüftelten Takt bewegen sich mal die kanadischen, mal die amerikanischen Boote in Richtung Horseshoefalls, den kanadischen Niagarafällen, und kreisen in ehrerbietenden Verneigungen vor diesem Weltwunder hin und her. Es spritzt, es wird gekreischt und gelacht, wir sind dem spektakulären Naturschauspiel sooo nah, es ist atemberaubend. Und dann geht es auch schon wieder zurück.

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Under the bridge

Den Rest der Zeit haben wir uns in ein Café mit direktem Blick auf den amerikanischen Niagarafall gesetzt, mit zwei Frauen geklönt – die Eine Schwedin, die Andere Kanadierin – und dann sind wir zurück zu “under the bridge”.

Auf der Rückfahrt hat Scott die Klappe gehalten und Musik angemacht. Ich glaube, nicht nur ich war froh. So konnten alle gemütlich vor sich hindösen.