Donnerstag 19.7.2018 Swakopmund Tag 3

Donnerstag 19.7.2018 Swakopmund Tag 3

Heute klingelt der Wecker um 6 Uhr. Wir müssen um viertel vor acht in Walvis Bay sein. Dieter hat dort eine halbtägige Dünenfahrt gebucht. Netterweise bekommen wir auch unser Frühstück schon so früh. Dann geht’s los. Es ist noch dunkel. Viel Verkehr auf den Straßen. Pünktlich um halb acht sind wir an der Mole. Inzwischen ist die Sonne aufgegangen. Es ist richtig schön hier, Restaurants, Katamaranfahrten, Fahrten zu Robbenbänken, zum Walegucken werden angeboten, ein geschäftiges Treiben beginnt gerade.

Schon der Parkwächter macht einen vertrauenserweckenden, freundlichen Eindruck und fragt sogar nach unseren Namen. Warum? Egal! Wir sind die einzigen für diese Tour. Eckehard ist unser Fahrer und Guide. Er spricht deutsch, super! Wir steigen in seinen vierradangetriebenen Jeep ein, Dieter vorn, ich hinten und los geht’s. Eckehard ist Namibianer, sein Großvater mütterlicherseits kam aus einer deutschen Bauernfamilie und erbte nichts, weil er der Jüngste war. Deshalb hat er sich für die deutsche Schutztruppe in Namibia beworben. Er ist sehr früh gestorben. Eckehards Mutter war Friseurin in Windhuk, wo er aufgewachsen und zur deutschen Schule gegangen ist. Wie wohl alle weißen Namibianer spricht er neben Deutsch auch Afrikaans und Englisch. Eigentlich wollte er entweder Rennfahrer oder Jockey werden, zu letzterem war er zu groß, das erstere wurde von seiner Familie nicht akzeptiert, so ging er sozusagen als Kompromiss ein paar Jahre nach München und machte eine Ausbildung zum Pferdefachwirt. 1994 kam er in seine geliebte Heimat, Namibia, zurück und  betrieb einen Reitstall. Das hat er inzwischen aufgegeben. Er hat eine Deutsche aus Rostock geheiratet, die er während ihres Namibia-Urlaubs kennengelernt hat, und sie ist zu ihm nach Namibia ausgewandert. Nun arbeitet er  seit 14 Monaten für diese Agentur als Touristenführer. Und er kennt sich nicht nur mit Pferden aus. Zuerst fährt er uns zur Lagune von Walvis Bay, wo wir bei traumhaftem Fotografierlicht die vielen Flamingos bestaunen können, die hier brüten und leben.

Es gibt zwei Arten, die lachsfarbenen und die größeren, weißen. Sie kommen sich mit dem Futter überhaupt nicht in die Quere, weil die lachsfarbenen Flamingos kleine Krebstiere fressen, was auch zu ihrer Färbung führt, und die weißen sich hauptsächlich von Plankton ernähren. Eckehard zeigt uns Pelikane, Graureiher neben Flamingos, Seidenreiher, Kormorane, es ist nicht nur für die Tiere ein Stückchen notwendiger Lebensraum hier, sondern geradezu ein Paradies für Vogelkundler und einfache Naturfreunde wie uns. Unter südafrikanischer Verwaltung war diese ganze Gegend Naturschutzgebiet. Das wurde nach der Unabhängigkeit wieder aufgehoben, sehr zum Ärger vieler Naturschutzorganisationen, die sich darum bemühen, diesen Status für dieses Feuchtgebiet zurückzugewinnen. Wir kommen an riesigen Salzgewinnungsanlagen vorbei, hauptsächlich für die Industrie, aber auch für die Weiterverarbeitung zu Speisesalz.

Dann geht’s weiter am Strand entlang. Wir halten auf einer Düne, sehen ein Schabrackenschakalpärchen auf der Suche nach Fressen. Eckehard lässt uns aussteigen und will uns weiter unten wieder einsammeln.

Wir ziehen unsere Schuhe aus und schlendern durchs Wasser den Strand entlang. Weit und breit ist niemand zu sehen. Links Sanddünen, ganz schön hoch, rechts rauschen die Wellen heran. Oh, da jetzt reinspringen! Aber wir haben kein Badezeugs dabei, und mit den Füßen ist auch schön.

Eckehard sammelt uns wieder ein. Der Strand wird schmaler und es kommt Wind auf. Wir machen eine Pause, klettern auf die Dünen, von wo aus man herrlich über die Sandwich Bay schauen kann, und dann serviert Eckehard uns ein zweites Frühstück, gefüllte Teigtaschen, Schokoladenkekse, Kaffee und als I-Tüpfelchen ein Glas Sekt.

Jippie, uns geht es guuuuut! Dort hinten, weiter südlich, beginnt irgendwo das Gebiet, wo die Deutschen bei Lüderitz 1908 die ersten Diamanten gefunden haben. Es wurde schnell zum Sperrgebiet erklärt und bis 1913 wurde mit dem Diamantenabbau enormer Reibach gemacht. Im Ersten Weltkrieg wurden die Deutschen von den  Südafrikanern immer weiter nach Norden gedrängt, versuchten an Edelsteinen und Schätzen mitzunehmen, was sie tragen konnten, bis sie 1915 kapitulierten. Nun übernahm Südafrika die Ausbeutung und Unterwerfung Namibias. Heute soll man in das frühere Sperrgebiet wieder fahren dürfen, nur gibt es dort keine Diamanten mehr. Der Wind nimmt zu. Wir fahren weg vom Meer, weiter in die Dünenlandschaft hinein. Eigentlich wollte Eckhard uns hier oben, auf einer der höchsten Sandberge, unser Lunch servieren. Das wäre jetzt windbedingt gar nicht mehr möglich gewesen. Gut gemacht! So genießen wir die Aussicht über die Bucht, über die sich ständig verändernde Landschaft und den aufwirbelnden Sand hindurch lieber durch die  Autofenster. Plötzlich meint Eckehard, er sehe keine Wegschneise, wo er zurückfahren könne. Vor uns ein einziger Dünenkamm. Verdammt, wie kommen wir da rüber? Eckehard versucht es an einer Stelle, indem er ein Stückchen vor fährt, dann zurück, dann wieder vor, etwas mehr Schwung, wieder zurück und dann: Wir stecken fest! Das Chassis hat auf der Dünenkuppe aufgesetzt, die Vorderräder hängen in der Luft! Das darf doch nicht wahr sein! Wir fahren mit einem erfahrenen, ortskundigen Dünenfahrer hier hoch, der sogar andere in diesem Metier schult, und nun stecken wir fest! Zuerst versucht Eckehard allein,  die Lage zu checken, das Chassis freizubuddeln. Dann steigt er wieder ein und versucht über Funk Kontakt zur Mole zu bekommen. Der Sand pfeift ringsherum  um den Jeep. Keiner antwortet an der Station. Dieter und ich binden uns Tücher um den Kopf und helfen buddeln. Dieter soll sich an das Steuer setzen, den Rückwärtsgang einlegen und ich soll mit Eckehard von vorn schieben. Nützt nichts. Weiterbuddeln. Als wir zu erschöpft sind, steigen wir frustriert ein, irgendwann auch Eckehard. Er sieht verzweifelt aus. Er versucht, alles aus dem Jeep herauszuholen, was möglich ist, und wau!, die Vorderräder erreichen Sand, sie wühlen hin und her, sie greifen wieder, wir kommen rückwärts von der Kuppe runter. Boh, Glück gehabt! Das hatten wir nun wirklich nicht erwartet!Von der Aktion gibt es kein Foto, es war zu stürmisch. Sie wird nur uns als Abenteuer mit glücklichem Ausgang auch visuell in Erinnerung bleiben. Nun will Eckehard uns aber noch sein Können demonstrieren. In einer wilden Achterbahnfahrt geht es die Dünen hinauf und hinunter. Mir ist mehr als mulmig, aber unser Guide nimmt alle Dünen mit Bravour.

Plötzlich hält er an und ruft: „Eine Hyäne!“ Das sei etwas absolut Besonderes! Seit über 25 Jahren seien hier keine mehr gesichtet worden. Der Wind lässt allmählich nach. So schnell ändert sich das Wetter hier. Eckehard zeigt uns noch Naras, diese früheren Überlebensfrüchte der Einheimischen.

Und zu guter Letzt posiert noch stolz ein Strauß fürs Foto. Als uns später ein Jeep mit seinem Chef am Steuer begegnet, berichtet Eckehard verzückt  über die Hyäne. Auch der Boss ist sichtlich beeindruckt. Unser Malheur hingegen findet keinerlei Erwähnung. Wir kommen heil und abenteuergesättigt zur Mole zurück, erfahren noch, dass Eckehard vor kurzem einen ehemaligen Spiegel-Chefredakteur mit Kameramann diese Tour gefahren hat. Na denn! Ich freue mich schon auf die Dokumentation im Fernsehen.

Als wir zum Auto zurückkommen, kommt uns ein strahlender Parkwächter entgegen und bietet uns zwei mit afrikanischen Tieren verzierte Makalani- Kugeln an: eine mit der Gravur „Dieter“, die andere mit „Andrea“. Klar kaufen wir ihm die ab.IMG_3777

Er erzählt nebenbei, dass er als Kind bei Deutschen auf einer Farm gelebt hat, und er sich sehr gern daran erinnere, doch dann hätte er zur Schule gehen müssen. Wir sind wieder in Afrika. In Swakopmund nehmen wir endlich das ersehnte Abschiedsbad im Atlantik, seist wunderbar erfrischend und genießenden vorerst letzten Sonnenuntergang an der namibischen Küste.

Mittwoch 18.7.2018 Swakopmund Tag 2

Mittwoch 18.7.2018 Swakopmund Tag 2

Nach dem sächsisch-namibischen Frühstück ziehen wir los, um uns Swakopmund bei Tage anzuschauen. IMG_1898

Wieder gibt es tausend Schilder, Ankündigungen, Gebäude- und Straßennamen auf Deutsch, das haut uns nach Kapstadt und Windhuk schon gar nicht mehr um. Nur die Palmen, die Mauern vor den Häusern und, ach ja, die dunkelhäutigen Menschen, die hier arbeiten, zur Schule gehen, unterwegs sind, doch, wir sind in Afrika!

Wir kommen zum Strand. Das in mehreren Reiseführern empfohlene Tiger Reef- Lokal hat noch zu.

Dahinter die Straße nach Walvis Bay. Die Sonne scheint, wir setzen uns auf eine Bank und winken hinüber, über den Ozean, wo weit hinter dem Horizont Rio de Janeiro liegen muss, wo wir vor drei Jahren waren. Möwen, eine andere Art als wir sie kennen, aber eben auch Möwen, hüpfen am Strand, und wie vielerorts an Ost- oder Nordsee führt auch hier ein langer Steg, hier heißt er Jetty, über das Wasser, und am Ende befindet sich das gleichnamige Restaurant, wo unsere Wirtin heute Abend einen Tisch für uns reserviert hat.

Etwas weiter dann doch wieder Afrika: Ein Straßenmarkt mit afrikanischem Handwerk: „Sorry, wir möchten nur gucken. Nein, sorry, wir kaufen nichts, heute ganz bestimmt noch nicht!“ IMG_1933

Wir kommen zum Leuchtturm, er ist geschlossen. Aber das Museumscafé in der alten Brauereistube – doch, wir sind immer noch in Afrika – hat geöffnet. Wir bestellen zwei Kaffee, leider gerade nicht available, Stromausfall. Na gut, dann eben  Mineralwasser.

Das Heimat- und Naturkundemuseum nebenan hat geöffnet. Es ist das größte seiner Art in ganz Namibia, also nichts wie rein. Dort sind unter anderem all die Tiere, die wir hoffen, demnächst life zu sehen, oder auch, manchen besser niemals wirklich zu begegnen, ausgestellt. Und die Flora und Fauna Namibias, und die verschiedenen Bevölkerungsgruppen…

Nach gut anderthalb Stunden schlendern wir weiter. Es ist inzwischen richtig heiß geworden, und am Strand wird tatsächlich gebadet. Das machen wir morgen auch! Um 19 Uhr gehen wir  im Jetty essen. Zu blöde: Alle anderen waren natürlich rechtzeitig zum Sonnenuntergang da, wir nicht! Das Essen und der Service sind super, etwas zu teuer, aber das war bei der Lage ja auch nicht anders zu erwarten. Wie bisher überall sind die Bedienenden und hinter der Bar Putzenden dunkelhäutig, die Abrechnenden an den Kassen Weiße.

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So ist das hier, und es scheint sich auch in nächster Zukunft  nicht zu ändern.