Sonntag, 22.7.2018 Aba-Huab-Camp Tag 3

Sonntag, 22.7.2018 Aba-Huab-Camp Tag 3

Früh morgens leuchtet im Osten der Orion durch mein Dachzeltnetz, auf der anderen Seite wärmt mich Dieter. Es ist ein wunderbarer Sternenhimmel und um uns herum Stille und Natur. Herrlich! Gegen 7:00 Uhr wird es leicht heller, für ganz kurze Zeit rötlich im Osten, und gerade, als ich mich entschieden habe, das zu fotografieren, ist die Sonne schon da. Es geht irre schnell! Wir finden einen Platz, wo wir ganz in Ruhe Yoga machen können, genießen unser Camperfrühstück und freuen uns auf diesen Tag, an dem wir nichts Neues anschauen, sondern das Erlebte verarbeiten und unser Blog weiter schreiben wollen. Abends treffen wir uns, wie verabredet, und diesmal pünktlich zum Sonnenuntergang, mit Uschi und Peter auf unserem Zeltplatzberg. Die beiden hatten schon zwei Reifenpannen auf ihrer Tour und mussten so schon einige – aber wie sie erzählen – sehr gute Erfahrungen mit namibischen Werkstätten sammeln. Zu sechst habe man sich um sie gekümmert und die Schäden letztendlich beheben können. Peter ärgert sich allerdings, dass er bei ihrem Camper versucht hat zu sparen, statt wie Dieter gleich das teurere Modell zu nehmen. Hoffentlich rentiert sich das auch weiterhin und unsere Reifen halten durch! Die beiden sind etwa zehn Jahre jünger als wir und haben dennoch anscheinend schon mehr Fernreisen unternommen als wir. So tauschen wir unsere Erlebnisse bei einer Flasche oder auch zwei, gutem südafrikanischen Wein für umgerechnet 3 Euro aus, zuerst mit Sonnenuntergangskulisse, später am extra für uns von den Mitarbeitern des Platzes entfachten Lagerfeuer. Hallo, Uschi und Peter, falls ihr das lest: Wir würden uns sehr freuen, euch in Namibia oder auch in Deutschland oder sonstwo auf der Welt mal wiederzusehen. Seid herzlichst gegrüßt.

 

Samstag, 21.7.2018 Aba-Huab-Camp Tag 2

Samstag, 21.7.2018 Aba-Huab-Camp Tag 2

Wir mögen das Camperleben und genießen unser einfaches aber gemütliches Müslifrühstück im Freien.

Der urige Zeltplatz leert sich allmählich, die meisten nutzen ihn nur für eine Nacht als Zwischenstation zum Etoshapark oder in die andere Richtung, nach Swakopmund. Wir werden drei Nächte bleiben. Wir machen uns auf den Weg zu dem Unesco Weltkulturerbe der Felsgravuren von Twyfelfontein.Wir sind kurz vor dem großen Touristenandrang dort und werden noch schnell einer ersten Gruppe von Holländern zugeteilt. Alle müssen hier mit einem Guide gehen, es hat früher schon Verunstaltungen durch Vandalismus gegeben. Unser ist ein junger, sehr hübscher Herero, der in Khorixas zur Schule gegangen ist und sowohl die Sprache der Damara als auch Englisch und Afrikaans spricht. Außerdem versteht er inzwischen ein paar Brocken Deutsch und Holländisch. Obwohl er mindestens 10 mal am Tag Gruppen an den Gravurtafeln vorbeiführt, wirkt er noch engagiert und offen. Glück gehabt! Twyfelfontein bedeutet zweifelhafte Quelle und ein gewisser David Levin hatte mit seiner Familie 1946 sein Häuschen dort errichtet, nachdem sie in einem Eselskarren einer Elefantenherde gefolgt waren und auf die Damaras stießen, die dort in der Nähe dieser Wasserquelle lebten. IMG_2180Jetzt steht dort nur noch eine Ruine. Wir kommen zu den ersten Gravuren.

Sie seien vor etwa 2000 Jahren entstanden, erzählt unser Einheimischer und stellen meist die immer noch hier lebenden Tiere dar, die gefährlichen mit den dazugehörenden Fußspuren anstatt der Füße. Löwen, Giraffen – die wegen ihrer langen, in den Himmel ragenden Hälse als heilig verehrt wurden – Springböcke, Elefanten, Breitmaulnashörner, Spitzmaulnashörner, Warzenschweine, alles deutlich zu erkennen. Auf einem Stein ist eine Art geographische Karte angelegt, auf der Wasserlöcher verzeichnet sind, die den als Nomaden lebenden Buschleuten zur Orientierung dienten. Ab und zu eine Dornakazie in dieser unwegsamen Gegend. In unserer Gruppe sind einige Leute überhaupt nicht gut zu Fuß, schwergewichtig und dazu noch in unpassendem Schuhwerk. Zwei an die Siebzigjährige müssen geradezu über die Felsen gehievt werden. Was die Leute sich zumuten! Dieter und ich nehmen uns vor, wenn wir nicht mehr so können, lieber Urlaub zuhause oder an Deutschlands behinderten- und altersgerechten Promenaden zu machen. Ein Gecko krabbelt flink über das rötliche Gestein.

In einer der häufigen Wartepausen lassen wir uns von unserem Guide fotografieren. Und dann sind die neunzig Minuten auch schon um.

Wir fahren zur nächsten Sehenswürdigkeit: den Orgelpfeifen. Wieder fragt uns ein Wächter, oder war es gar ein Polizist? woher wir kommen, wohin wir wollen,  schreibt unsere Autonummer auf – es fällt uns schon gar nicht mehr auf – und zeigt uns freundlich den Weg, als ob wir ihn nicht auch allein finden würden. Wir sind auch hier nicht die einzigen: Holländer, Franzosen, Südafrikaner, Schweizer und na klar: Deutsche. Diese Orgelpfeifen sind vor über 100 Millionen Jahren entstanden, als Lava in das Schiefergestein eindrang und sich beim Erkalten in diese bizarre Gesteinsformation verwandelte. Ist eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen, an diesem Ort mal ein Orgelkonzert zu geben?

Das wär‘s doch, nur einmal und exklusiv hier an diesem ungewöhnlichen Ort. Wir fahren weiter zum verbrannten Berg. Auch hier drang wieder vor Millionen Jahren Magma ein und entwickelte eine solche Hitze, dass das Gestein verbrannte. Übrig blieben diese dunklen Hügel.

 

Wir haben erst einmal genug gesehen. Fahren zurück, durch diese Geröllwüstenlandschaft und entscheiden uns dann, doch noch ins Damara Living Museum zu gehen. Hier führt uns eine Damarafrau, deren Namen ich mir wegen der verschiedenen Klicklaute in der Sprache weder aufschreiben noch merken kann, durch das Museumsareal. Mit diesen Living Museums soll versucht werden, die Kultur der Damara, nach der heute kaum noch jemand leben kann, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und gleichzeitig die Einheimischen aus der Armut in Brot und Arbeit zu bringen. Ich meine bei unserer Damara eine leichte Alkoholfahne zu riechen. Sie stoppt bei verschiedenen Stationen, wo Damaramänner uns ihre traditionelle Schmiedekunst zeigen, Damarafrauen uns Handwerkskunst präsentieren, wir gehen mit zwei Frauen weiter ins Areal, die zweite erklärt in ihrer urigen Klicksprache die medizinische Wirkung der Mopaneblätter bei Bauchschmerzen, die andere übersetzt ins Englische. Das Ganze erinnert an Mittelaltermärkte mit Schauspielern bei uns. Ich unterbreche die auswendig gelernten Vorträge unserer Museumsführerin, indem ich sie frage, wie alt sie ist und wo sie lebt. Sie ist 32, hat drei Kinder und lebt etwa zwei Kilometer von hier entfernt. Auch ihr „Dorf“ könnten Touristen im Rahmen des „Living Museum“ anschauen. Dieter mag so was nicht, obwohl man natürlich auch damit ein kleines bisschen dazu beitragen würde, sie aus der Armut zu holen. Sie fragt auch mich, ob ich Kinder habe, und ich bemerke ein kleines bisschen Neugierde in ihrem Blick, weg von ihrem Rollentext als Schauspielerin, sie mag meine Haarfarbe. Ich lasse Dieter ein Foto von uns machen.

Ein junger Damara, den ich auf höchstens 16 Jahre schätze, zeigt uns, wie sie früher mit einem Speer gejagt haben. Dieter versucht es auch, der Junge ist deutlich geschickter. Ich frage unsere Guide, wie alt er ist. Sie fragt ihn in ihrer Muttersprache, er kann kein Englisch. Er ist 25. Oh weh! Ein junger Mann von 25 Jahren und spricht nur diese aussterbende Klicksprache! Wir bekommen gezeigt, wie die Damara Feuer machten, und dann werden wir zu einem Spiel eingeladen. Ute, es ist das Spiel, was du uns auf Norderney gezeigt hast: 32 Kuhlen zu acht Reihen in der Erde, pro Kuhle zwei Steinchen, und dann geht es darum, alle Steinchen des Gegners in die eigenen 16 Kuhlen vor sich zu befördern.

Ich bin schon die ganze Zeit auf der Suche nach dem Spiel in Brettform. Die einzige Chance in Swakopmund hatte ich leider verpasst. Zum Abschluss unseres Museumsrundgangs wird uns noch eine Tanz-Gesangs-Trommelvorführung dargeboten.

Alle dort Arbeitenden machen mit, und es ist schön, sie tanzen und singen und trommeln zu sehen. Ich kaufe noch ein paar Armbändchen, dann fahren wir auf unseren Campingplatz zurück. Etwas zu spät steigen wir zum Sonnenuntergang auf den Sandhügel.

Wir lernen Uschi und Peter aus Westfalen kennen, und verabreden uns für morgen zur rechten Zeit am selben Fleck.

Freitag, 20.7.2018 Von Swakopmund nach Twyfelfontein ins Aba-Huab-Camp

Freitag, 20.7.2018 Von Swakopmund nach Twyfelfontein ins Aba-Huab Camp

Wir verlassen Swakopmund gegen 10 Uhr und fahren den Anfang der Skeletonküste  bis kurz nach Henties Bai entlang. Hier sind unzählige Schiffe wegen Nebels an den Felsen zerschellt. Dann geht’s nur noch landeinwärts, ins Damaraland oder wie dieses Gebiet zusammen mit dem Kaokoveld heute politisch korrekt heißt: in die Kunene-Region. Fast drei Stunden lang Fahrt auf Schotterpisten, plötzlich ärmliche verlassene Hütten in der Ödnis, ein Esel mit vorne zusammengebundenen Beinen, ein Schild, auf dem vor Elefanten gewarnt wird, und dann die ersten Stände am Straßenrand.

Steine werden ausgestellt, ohne dass ein Verkäufer in Sicht ist. Dann ein Namibier in einer Pferdekutsche, der eine leere Wasserflasche schwenkt und uns wütend irgendetwas hinterherruft, weil wir nicht angehalten haben. Brauchen die etwa dringend Wasser? Dann eine ganze Sippe, die uns vehement zuwinken, um uns zum Anhalten zu animieren. Frauen in Hererotracht, Kinder sitzen aufgereiht am Boden wie Ware, fertig zum Vermarkten als Fotoobjekte für Touris, sie winken auch. An ihren Ständen wird Handwerkskunst angeboten. Ich lasse die Kamera stecken, wir fahren weiter. Beim nächsten Stand stehen zwei junge Frauen mit einem krabbelnden Kleinkind. Wir halten an. Ich frage, ob ich sie fotografieren darf. Sie macht die Bewegung für Geld und sagt „Money“. Ich sage „yes, how much?“. Sie wollen 50 Dollar, ich sage „twenty“ sie sagt „40“,  ich sage „30“, sie sagt „okay“. Ich schieße das Foto.

Dann machen sie auf die Armbänder aufmerksam. Dasselbe Spielchen um den Preis, ich kaufe eines. Wir sehen einen Mann in einer Pferdekutsche heranfahren. Er bleibt in 20 Metern Abstand stehen und beobachtet den Verkauf. Bevor wir gehen fragen die Frauen nach etwas Essbarem  für das Kind. Wir geben ihnen eine Banane und eine Apfelsine. Wir sind nicht die ersten und einzigen Touristen, denen sie begegnen. Unser schlechtes Gewissen, dass wir nicht schon bei den vorigen Ständen angehalten haben und ihnen Wasser gegeben haben und etwas abgekauft haben, weicht nach der erlebten Handelsprofessionalität dieser höchstens 16-jährigen Hererofrauen. Wir kommen an einem Camp vorbei, das nicht auf unserer Karte verzeichnet ist, das Madisa-Camp, trinken im Schatten einen Kaffee und schmieren uns  Brote. IMG_2103 Es ist eine zum Relaxen einladende Anlage mit Fußbadpool, Massageliegen und in die Felsen gehauenen Sitzecken. Schade, dass wir woanders gebucht haben! Wir sehen eine Affenhorde am Wegrand und Ziegen, bevor wir auf unserem ersten Zeltplatz ankommen. Nun steht die Premiere unseres Dachzeltes an. Es ist wunderbar. Ein leichter Wind weht durch die Netzpanoramafenster, wir haben einen herrlichen Blick auf die uns umgebende Landschaft.

Wer weiß, vielleicht schaut ja ein Elefant vorbei? Der Sternenhimmel, der uns nachts beim Gang zur Toilette umrahmt, ist umwerfend.