Riverside-Albert Tag 3

7.8.2017 Riverside-Albert Tag 3
Beim Frühstück lernen wir Brigitte und Philippe kennen, sie leben zusammen in Ottawa, Brigitte ist Kanadierin, Philippe kommt ursprünglich aus Lyon, in Frankreich, hat dann 25 Jahre in den USA gelebt, zwei Kinder und eine Exfrau dort, bis er, heute 73, Brigitte kennengelernt hat, die ich auf etwa 50 schätze. Sie haben zusammen eine 23-jährige Tochter. Wir sind uns sympathisch. Draußen scheint die Sonne, also nichts wie raus, in den Fundy Nationalpark. Heute ist Wandern angesagt. Im Informationszentrum gibt uns eine äußerst charmante Mitarbeiterin Tipps zu den besten Wegen. Als erstes geht es zum Point Wolfe Gebiet und den Coppermine Trail entlang. Hier wurde wohl mal Kupfer abgebaut, woran heute aber nur noch der Name erinnert. Wir wandern etwa anderthalb Stunden durch einen nach Tannen und Fichten duftenden, wunderbar frischen Mischwald. Das macht sofort gute Laune. Nach einem längeren Abstieg erreichen wir über eine Holzbrücke den Pointe Wolfe Beach. Es ist Hochwasser, also nur ein schmaler Streifen zum Laufen am Strand.

Es weht ein kühler Wind, so dass noch niemand von uns Lust hat zu baden. Weiter hinten lassen sich einige Leute allerdings nicht davon abhalten. Als wir zur Holzbrücke zurückgehen, hat das Wasser schon die unterste Stufe erreicht, wir sind also gerade noch rechtzeitig umgekehrt. Der nächste Halt ist bei den Dickson Falls, ein kleiner Rundweg von etwa einer Stunde, vorbei an einem niedlichen, kleinen Wasserfall, der uns, besonders nachdem wir gerade die Niagara Falls gesehen haben, eher weniger imponiert. 2017-08-07_kanada-1Die Vegetation kommt uns vertraut vor, unten, wo es feucht ist, Farne, weiter oben Tannen, Fichten, Ahorn und Birken. Wir fahren weiter zu dem dritten und nach Aussage der Nationalparkmitarbeiterin schönsten Wandergebiet des Parks, dem Laverty. Dorthin gelangen wir mit dem Auto über eine acht Kilometer lange Schotterpiste. Zum Glück habe ich meine Wanderstöcke dabei und gegen 14 Uhr geht es den Moosehorn Trail hinunter. Über Stock und Stein, über große und kleine Wurzeln, immer bergab. Man muss sich konzentrieren, um nicht zu stolpern. Wir mögen das.

Es ist halt nicht Spazierengehen,sondern Wandern mit Klettern. Nach, wie es uns scheint, endlosen Kilometern bergab, hören wir in der Ferne johlende Stimmen. Da wird gebadet, los, da wollen wir hin. Der Weg ist immer noch steinig, geht immer noch bergab, wir schwitzen, brauchen noch mindestens eine halbe Stunde. Dann erreichen wir die ersehnten Badegumpen am Wasserfall. Etwa 20 andere Wanderer genießen schon das kühlende Bad oder sitzen auf den Felsen, und gucken, wer so alles kommt. Auch Marcel ist natürlich schon lange vor uns da: “Geil hier!” Dieter ist blitzschnell in Badehose und im Wasser:”Überhaupt nicht kalt!”2017-08-07_kanada-4Manno, bei mir dauert die Umzieherei ewig, ich will da auch rein! Endlich, endlich stecke auch ich meine Füße in das kühle Nass, geschafft! Herrlich! Baden im Broad River von Kanadas Fundy Nationalpark! Was für ein Genuss! Wir haben es sooo gut! Ente ist das Leben schön!
Mit neuer Energie geht es weiter. Zuerst am Fluss entlang, auf Felsen balancierend, wenigstens ist der Weg gut markiert, dann wieder mehr in den Wald hinein. Über uns kanadische Balsamtannen und Weißfichten. Als ich mich einmal an einem Ast hochziehe, bekomme ich harzige Finger, es klebt an meinen Wanderstöcken. “Ablutschen, Spucke drauf” meinen Dieter und Marcel fast gleichzeitig. Es hilft. Um ungefähr 16 Uhr überholen uns immer mehr Leute. “Das kann doch nicht angehen” mault Marcel. Aber ich brauche eine Pause.

Wir ruhen uns am Fluss unten eine halbe Stunde aus, und ich bin richtig eingeschlafen. Dann geht es an das letzte Drittel, nur noch bergauf, steil bergauf, so wie wir am Anfang abgestiegen sind. Marcel läuft vor. Dieter und ich geben unser Bestes. Jetzt überholen auch wir mehrere Wanderer und schaffen den Aufstieg in weniger als einer Stunde. Das war geradezu Hochleistungssport. Zufrieden und erschöpft fahren wir zurück nach Alma, um ein paar Einkäufe zu erledigen, vor allem, um Dominik und uns für heute Abend Lobster mitzubringen. Wir sollen sie ihm lebend bringen. Wir betreten Collin’s Lobster Shop, und sehen, dass auch Philippe aus unserem B&B gerade dort ist und in einem riesigen Becken voller lebender Hummer nach einem greift.

Wir staunen, Mensch, die beißen doch! Da kommt auch schon eine fachkundige Verkäuferin und fragt, wie groß wir sie denn gern hätten. Wir suchen uns vier eher kleine aus, zusammen bringen sie 7,4 pounds auf die Waage, also etwa 3,4 kg, Philippe nimmt zwei größere. Sie werden in eine Plastiktüte gesteckt, und so sollen wir sie die 30 km im Auto nach Hause fahren. Marcel wird auserwählt, die Tüte zu tragen. Er lässt sich eine zweite geben, darf sich mit seinen Begleitern im Auto nach vorn setzen, und wir hoffen, dass keines der köstlichen Meerestiere auf die Idee kommt, seine Umhüllung zu verlassen und im Kia herumzukrabbeln, oder auch nur die Tüte durchzubeißen und so den schönen Neuwagengeruch für alle Zeiten mit fischigem Lobsteraroma zu veredeln. Wir schaffen es, Dominik unser Abendbrot heil abzuliefern und schauen ihm dabei zu, wie er sie ab- und anrichtet. Warum bin ich eigentlich immer noch nicht Vegetarierin?

Gegen 21 Uhr verspeisen wir gegrillten Lobster. Es ist und bleibt eine vorzügliche Delikatesse. Annie hat noch einen Salat, Zitrone, Koriander und Knoblauchbutter dazugestellt und natürlich ihr wunderbares, selbstgebackenes Brot, und wir genießen zusammen einen netten, geselligen Lobsterabend.

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