Twillingate Tag 3

18.8.2017 Twillingate Tag 3
Regen war angekündigt und: Es regnet. Dazu pfeift ein kräftiger Wind. Das Meer sieht dunkelgrau aus mit weißen Schaumkronen an den Felsen. Kein Wal in Sicht, kein Eisberg. Brads Freunde aus New York, eine vierköpfige Familie, sind angekommen und bringen Farbe in die Bude. Sie leisten uns beim Frühstück Gesellschaft. Max und Oscar heißen die zwei etwa zehn und 13-jährigen Jungen, die wie Mädchen aussehen. Ich bin die ganze Zeit am Überlegen, ob sie uns veräppeln wollen, dass es nur so ein kleines Multi-kulti-Genderspiel ist, das sie mit uns treiben. Tanja ist ursprünglich Schweizerin, hat aber lange kein Deutsch mehr gesprochen und Schwyzerdütsch ist ja auch für uns eher eine Fremdsprache. So bleibt die Kommunikation auf Englisch. Tja, und dann die Erfahrung, dass die Welt ganz schön klein ist: Neil ist Fotograf, ein bekannter Fotograf, und hat unter anderem für den Spiegel gearbeitet. Ich treffe sozusagen einen Kollegen hier an Neufundlands Ende! Neil Wilder hat Fotos von Campino, Heike Makatsch, Boris Becker und anderen deutschen Promis geschossen und natürlich von noch viel mehr amerikanischen. Wir erfahren, dass auch Brad Fotograf war, bevor er nach Twillingate gegangen ist, und Neil einst sein Assistent in Toronto war. Neil hat dann die größere Karriere gemacht und entpuppt sich schnell als eingefleischter Indienfan, was sowieso unschwer an seinem Äußeren zu erkennen ist: Mala um den Hals, langer Bart, zum Dutt hochgesteckte, verfilzte Haare, Armreifen, Ringe – nur die große, schwarzrandige Brille, hinter der äußerst wache, blaue Augen hervorstechen, verweist darauf, dass er nicht stehengeblieben ist in der Hippie-Zeit. Er war schon in den 90ern in Indien, insgesamt mindestens zehnmal, und auch als Familie haben sie schon Puschkar, Jaipur oder Jaisalmer bereist, sind dort auch auf Kamelen in die Wüste geritten – sogar im selben Jahr wie wir, 2014. In den USA sei es kein Problem, Kinder so lange aus der Schule zu nehmen und sie dann selbst zu unterrichten. So vergeht dieser stürmisch-graue, unwirtliche Vormittag mit dem Kennenlernen dieser Familie und mit dem Austausch über gemeinsame Reiseabenteuer wie im Fluge. Gegen 13 Uhr wagen Dieter und ich uns dann doch vor die Tür. Puh, ist das kalt! Für einen längeren Spaziergang wäre heute tatsächlich eine lange Unterhose vonnöten. Die 50 Meter zum Crow Head’s Café in unserer Straße schaffen wir allerdings auch so. Klar herrscht da Hochbetrieb. Was soll man auch anderes tun? IMG_9157Und sie haben Omas Möhrenkuchen im Angebot. Dieter ist begeistert. Das Wetter wird auch nachmittags nicht besser. Wir schreiben am Blog, ein paar Postkarten und lesen. Morgen soll es definitiv besser werden, das Wetter.

Veröffentlicht unter Kanada