Neufundland Tag 1, Saint John’s Tag 1

14.8.2017 Neufundland, Argentia, Saint John’s Tag 1
Unser Wecker klingelt um halb sechs. Es ist grau und diesig überm Wasser, und ab und zu ertönt ein Nebelhorn, aber es klingt wie aus weiter Ferne, unsere Kabine ist gut isoliert. Wir duschen mit warmem Wasser, das Schiff ist ein Luxushotel. Wahnsinn! Um halb sieben sind wir so ziemlich die ersten am Frühstückskiosk, merkwürdig! Ich sehe eine Uhr, sie zeigt auf sieben. Sollten wir da nicht ankommen? Die Kassiererin klärt mich auf: Neufundlandzeit ist eine halbe Stunde später, und ankommen werden wir gegen 10 Uhr. Na sowas! Da hätten wir ja gar nicht so früh aufstehen brauchen! Auf unseren Tickets stand als Ankunftszeit doch sieben Uhr, oder? Um 9:15 Uhr fahren wir in eine Bucht. Auf der einen Seite, es muss Süden sein, sehe ich das erste Haus auf einer Landzunge. Auf der anderen Berge und Felsgruppen, alles im Nebel, doch hin und wieder kommt die Sonne durch.

Nach den Großstädten Toronto und Montréal, nach New Brunswick und Nova Scotia beginnt nun der vierte Teil unserer Reise: Neufundland. Wir wollen, bevor wir nach Saint John’s fahren, den östlichen Teil der Avalon-Halbinsel anschauen. Dazu begeben wir uns auf den sogenannten Irish Loop. Die gut ausgebaute Asphaltstraße hört schnell auf, und wir fahren bis Colinet auf einer Schotterpiste. Rechts und links Wald, von Elchen abgeknabberte Nadelbäume, dazwischen Wasserflächen, wie Pfützen in die Landschaft geregnet, ab und zu ein Wohnwagen, selten ein Haus. Es ist einsamstes Moorgebiet hier.
Dann geht es nach Süden. Immer wieder müssen wir die Wasserarme, die sich weit ins Land ziehen, umfahren, da es keine Brücken oder Fähren gibt.


Zum Glück ist die Straße wieder asphaltiert. Wenig Verkehr. Jetzt fahren wir an großen, sehr gepflegten Holzhäusern mit akkurat gemähten Rasenflächen davor, vorbei. Bei Saint Vincent’s übersieht Dieter ein Schlagloch. Oh weh! Was für ein Schreck! Wir halten an und stellen fest, dass der Kia alles unbeschadet überstanden hat. Ist noch alles dran. Glück gehabt! Wir fahren über den Holyrood Pond.


Auf der einen Seite rauscht das Meer, auf der anderen, durch einen Damm abgetrennt, liegt der stille Pond. Um ein Uhr erreichen wir an der Trepassey Bay das wohl einzige und exponiert gelegene Lokal “Irish Loop Edge Inn”, wo wir mit Blick aufs Meer zu Mittag essen. Dann wechseln wir, und ich fahre weiter. Die Landschaft heißt hier nicht nur irisch, sie ist auch Irlands Küste sehr ähnlich: grüne Wiesen, blaues Meer und immer wieder tiefblaue Tümpel in den Wiesen. Und da hinten, endlich! auch ein paar Schafe. Wir umfahren das flache, einsame Portugal Cove.
Beim Mistaken Point halten wir bei einem Interpretative Centre an, man möchte uns sogleich über die Fossilienfunde in dieser Gegend mit einem Videovortrag informieren, aber wir sind noch nicht so weit, können uns noch gar nicht so recht einlassen auf die ganz sicher hochinteressanten Spezialinformationen, wir sind doch gerade erst auf Neufundland angekommen! Längst hat der Nebel sich verzogen, und die Sonne knallt vom Himmel. Wir fahren die Ostküste der Avalon-Peninsula hoch, es wird touristischer aber auch hügeliger und landschaftlich reizvoller. Wir kommen nach Ferryland, müssen uns nach den langen Fahrten mit Fähre und Auto ein bisschen bewegen, laufen die zwei Kilometer zum Leuchtturm hoch, schwitzen, aber zum Glück weht ein kräftiger, warmer Wind. Wir legen uns ins Gras. Es ist atemberaubend schön hier.

Heute sind nur wenige Menschen hier, wahrscheinlich weil Montag ist und die Lokale geschlossen haben, die sonst originelle Picknicke für Touristen am Leuchtturm anbieten. Dieter entdeckt Wale im Wasser, doch leider haben wir unsere Ferngläser im Auto vergessen. Wir wandern zum Auto zurück. Nach nur wenigen Kilometern brauchen wir eine kleine Trinkpause im “Irish Loop Drive”- Restaurant. Ein Herr will uns sofort seinen Platz am Fenster anbieten. Wir lehnen dankend ab, wir sind ja nur für ‘ne Cola hier. Wir sehen, dass es unten im Meer von aufsteigenden Walfontänen geradezu wimmelt. Sagenhaft! Hierher müssen wir unbedingt noch einmal zurückkommen. Beim Verlassen des Lokals erkennt Dieter den Herrn, der uns so freundlich seinen Platz angeboten hat, auf verschiedenen Zeitungsanzeigen – unter anderem auf einem Foto mit Herrn Trudeau – als den Besitzer dieses “Million Dollar View”-Restaurants, wie es draußen auf einem Schild heißt. Vielleicht hätten wir sein Angebot doch annehmen und ein bisschen mit ihm klönen sollen? Wäre sicher interessant gewesen.


Gegen halb sieben erreichen wir unsere Unterkunft in Saint John’s, absolut downtown gelegen, und sehr geräumig.

Für einen kleinen Absacker finden wir sofort eine Kneipe um die Ecke mit Dachterrasse, und dann geht’s ins Bett.

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