New Haven Tag 2

10.8.2017 New Haven, Nova Scotia Tag 2
Joanne zeigt uns, wie wir uns fürs Frühstück bei ihr bedienen können, und, großes Privileg: Wir dürfen ihre Waschmaschine benutzen. Supi! 2017-08-10_kanada-1Dann fahren wir zum White Point, laufen das letzte Stück zu Fuß, setzen uns und schauen: Grün bewachsene, gelb-rot-bräunliche Klippen, um uns herum das Meer, sanft und beständig rauschen kleine Wellen heran, vorn schreien ein paar Möwen, die Sonne scheint, es weht ein leichter, warmer Wind, nur wenige Menschen – es ist fantastisch und groß hier. Erinnert mich an Point du Raz, in der Bretagne oder auch an Donnegal, in Irland. Wenn wir den Blick nach rechts wenden, nur Atlantik und das Wissen, dass dort, weit hinterm Horizont, Europa liegt.

Wir winken in Gedanken unseren Mädchen, unseren Freunden und Nachbarn zu, und ich lasse mich von den Seelen meiner Eltern und aller geliebten Verstorbenen streicheln, die mir schwerelos aus einer anderen Dimension zulächeln. Schön!
Nach einer Weile gehen wir zum Auto zurück und fahren auf dem Cabot Trail gen Süden. Wieder eine dieser Baustellen, bei denen ein Mensch in gelb-roter Bauarbeitermontur ein Stoppschild hochhält, bis ein Fahrzeug aus der Gegenrichtung mit zehn bis zwanzig Autos im Schlepptau naht, anhält, sein Gefolge passieren lässt, wendet, der Schildträger nun seinen Job macht und seinen Stab dreht, bis sein Schild uns die Aufschrift “Slowly” zeigt, und nun unsere Seite dem “Follow-me-Gefährt” folgen darf. Diese Beschäftigten muten seltsam aus der Zeit gefallen an, heute wo alles automatisiert und digitalisiert daherkommt. Sie erinnern an Beppo Straßenfeger aus “Momo”, der mehr und mehr von grauen Männchen umgeben ist, die anderen Zeit stehlen, und der dennoch pflichtbewusst seine Arbeit verrichtet. Auch diese Bauarbeiter hier verdienen so halt ihren Lebensunterhalt, sie machen keinen unzufriedenen Eindruck, nicken einem sogar freundlich zu, wenn wir uns bedanken.

Wir fahren zum Warren Lake. Eine etwa zweistündige Wanderung um den See liegt vor uns. Auf Tafeln wird darauf hingewiesen, wie wir uns im Falle einer Begegnung mit Koyoten verhalten sollen: Nicht weglaufen, sondern sich langsam rückwärts entfernen. Wenn das nicht hilft, laute Geräusche machen, um das Tier zu vertreiben. Bei einem Angriff sich mit Stöcken oder allen greifbaren Schlaggeräten wehren. Na, das kann ja heiter werden! Ich habe meine Wanderstöcke dabei, und Dieter schnappt sich einen dicken Holzstab. 2017-08-10_kanada-30So wandern wir durch den dichten Wald von Cap Breton, immer am See entlang, es ist ein einfacher Spazierweg, ohne Steigungen, ähnlich wie am Stechliner See bei uns in Deutschland, nur kürzer. Plötzlich bleibt Dieter stehen: “Pst! Da drüben! Ein Elch!” Tatsächlich! Am anderen Seeufer badet ein Elch im Wasser! Durchs Fernglas können wir ihm bei seiner Morgentoilette zuschauen! Er schaufelt sich mit einem Vorderhuf Wasser über den Kopf, als ob er sich sein Gesicht waschen will. 2017-08-10_kanada-37aJuchhu! Wir sind erst einen Tag hier, und schon sehen wir einen Elch! Dafür hat sich dieser ansonsten eher unspektakuläre Weg ja schon alle Mal gelohnt! Wir wandern weiter. Vielleicht sehen wir ja noch mehr Elche, oder womöglich taucht wirklich noch ein angriffslustiger Koyote auf? Nein, ansonsten bleibt die Wanderung beschaulich.

Nach zwei Stunden erreichen wir den Strand und baden im Warren Lake. Es ist erfrischend, überhaupt nicht kalt.2017-08-10_kanada-11 Nach einem Sonnenbad verlassen wir den Park und kaufen in Ingonish noch etwas für die nächsten Tage ein. Dann gehen wir im von Joanne empfohlenen Restaurant “Seagull” essen. Das Lokal liegt direkt am Meer. Dieter nimmt das heutige Sonderangebot, den Club-Lobster-Burger, ich ein Gemüsewrap. Alles lecker und sehr sättigend. Als wir nach New Haven zurückkommen, hat Joanne schon unsere Wäsche abgenommen, – total nett, aber natürlich nicht nötig – und meint, bei ihr steige gerade eine kleine Party mit lauter Bekannten, die sie uns gern vorstellen würde, und es wäre toll, wenn wir dazukämen. Obwohl ich mich eigentlich lieber ausruhen würde, gesellen wir uns dazu. IMG_9034So lernen wir ihre Schwester, Shelley, die im Nachbarhaus wohnt und ebenfalls B&B-Gäste mitgebracht hat, kennen, und Trish, die am Samstag in ihrem Ferienhaus hier unten am Strand ihren 60. Geburtstag feiern wird mit ihrem 27-jährigem Sohn Tom und seiner Freundin. Außerdem Gail-Anne, deren Großeltern aus Stuttgart stammen mit ihrem Partner Vic, beide verwitwet und vor fünf Jahren miteinander neu liiert, weil sie beide hier immer schon ihre Sommerferien verbracht haben. Vic kann sogar Deutsch sprechen. Alle würden sich freuen, wenn wir sie mal in ihrem Haus besuchen kämen. Irgendwann wird es uns zu viel, und wir ziehen uns zurück.

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Abreise von Riverside-Albert und Fahrt nach New Haven

9.8.2017 Riverside-Albert Tag 5  und Fahrt nach New Haven/ Nova Scotia Tag 1
Ein letztes Frühstück in Riverside-Albert, wo wir noch Gail und Jim aus Ottawa kennenlernen – sie arbeitet bei der Kulturbehörde, er ist Ingenieur – sie sind inzwischen schon das dritte Paar aus Ottawa, das uns auf unserer Reise begegnet. Dann sagen wir Tschüss zu Brigitte und Philippe, zu der Familie mit dem Baby, zu Berner Sennenhund, Königspudel und Neufundländermischung und zu Dominik und Annie.

Es war total schön bei euch! Danke für eure herzliche Gastfreundschaft, und maybe, see you in Hamburg. Über 600 Kilometer liegen vor uns. Mit 110 Stundenkilometer geht es stetig voran. Zuerst fährt Dieter, dann ich. Hinter Aulds Cave, kurz vor dem Damm über die Strait of Canso bei Port Hawkesbury, machen wir in einem Motel mit Blick auf die St. George Bay Mittagspause. 2017-08-09_kanadaWir essen beide einen mit Rotbarsch und Gemüse gefüllten Wrap, dann geht es weiter. Nach etwa 70 Kilometern erreichen wir den Cabot Trail, die 300 Kilometer lange Panoramaringstraße um die Kap-Breton-Insel von Nova Scotia.

Von Kilometer zu Kilometer wird es schöner. Rechts der Atlantik, links kleine oder größere Holzhäuser, weiß, gelb, blau, ab und zu ein Restaurant – selbstverständlich steht Lobster auf der Speisekarte – und zum Kauf von Handwerkskunst der Region wird eingeladen.Was sich dahinter verbirgt, werden wir wohl in den nächsten Tagen in Erfahrung bringen. Um kurz nach sieben kommen wir in unserer neuen Unterkunft in New Haven an. Es ist bezaubernd hier: ein kleiner Fischerhafen direkt vor der Tür, dahinter der Strand und unsere Gastgeberin, Joanne, ungefähr in unserem Alter, zeigt uns nach einer herzlichen Begrüßung sogleich ihr Haus, in dem schon ihre Urgroßeltern gewohnt haben und unser Zimmer. Das Haus ist top renoviert, innen in einem hellen, freundlichen Gelb gestrichen, die Decken weiß und voller Sammlergegenstände aus uralten Zeiten.


Joanne verbringt schon seit zwanzig Jahren die Sommermonate hier, macht dann von hier aus für eine – vielleicht auch ihre eigene – Firma in Alberta die Buchführung, praktiziert, ähnlich wie wir Yoga und sagt, dass wir uns in der Küche einfach nehmen sollen, was wir brauchen. Wir wollen erst einmal rüber, zum Leuchtturm und zu dem kleinen Restaurant, wo wir vielleicht noch etwas essen und trinken können.


Das ist ja unfassbar schön hier! Die Abendsonne taucht alles in ein romantisches Licht, da stört es eigentlich gar nicht, dass das Lokal leider heute wegen eines defekten Küchengerätes geschlossen hat. Wir lassen uns auf die bunten Holzbänke fallen, genießen den Sonnenuntergang am Meer und beschließen, an dieser Stelle morgen früh Yoga zu machen.

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